Auwaldzecke (Dermacentor reticulatus) heißt die neue Zeckenart, die sich in Berlin-Brandenburg ausbreitet und beim Hund eine gefährliche Erkrankung, die Babesiose, überträgt. Sie ist in Ungarn, Österreich und Südpolen zu Hause und bevorzugt als Lebensraum feuchtere Gebiete wie Auwälder und Moore. In Deutschland trat die Auwaldzecke bislang hauptsächlich am Oberrhein, im Saarland und Rheinland-Pfalz auf. Auch in den feuchten Gefilden der Elbe, in der Region bei Torgau in Sachsen, war ein kleiner Naturherd von dieser Zecke zu finden. In den letzten Jahren hat sich die Auwaldzecke stark vermehrt und von der Elbe aus über den Fläming bis nach Berlin ausgebreitet. Über den Grund spekulieren die Veterinärmediziner: Sie machen das immer wärmer werdende Klima dafür verantwortlich, glauben aber auch, dass sich die Lebensbedingungen für diese Zeckenart im allgemeinen verbessert haben. Besonders die Anzahl der Wirtstiere, an denen die Zecken Blut saugen, ist deutlich gestiegen. „Wir wollen die Hundehalter nicht verunsichern, sondern sie sensibilisieren und darauf aufmerksam machen, dass eine frühzeitige Prophylaxe gegen Zecken einen guten Schutz bieten kann“, sagt Prof. Dr. Eberhard Schein, Parasitologe an der Freien Universität Berlin. Zeckenhalsbänder, Spot-on-Präparate und Shampoos, die mit speziellen Wirkstoffen versehen sind, verhindern weitgehend das Risiko eines Zeckenbefalls.
Die Auwaldzecke ist größer und bunter als andere Zeckenarten. Nüchtern ist sie etwa fünf, vollgesogen mit Blut bis zu 12 Millimeter groß. Ein weißer Schild mit dunklen Flecken bedeckt beim Weibchen den vorderen Teil des Rückens, bei der männlichen Auwaldzecke den ganzen Rücken. Die erwachsene Auwaldzecke befällt große Haustiere, wie zum Beispiel Hunde und Pferde, aber auch Wildsäugetiere wie Rehe, Wildschweine und Füchse. Die Larven und Nymphen dieser Zeckenart saugen vorwiegend Blut an Waldmäusen und anderen Nagern. Die Erreger der Babesiose, die mit dem Stich der Auwaldzecke übertragen werden können, befallen und zerstören die roten Blutkörperchen der Hunde; die Erkrankung ist vergleichbar mit der menschlichen Malaria.
Bisher sind etwa zwanzig bis dreißig Hunde jedes Jahr in Berlin an der Babesiose erkrankt. Die Infektion erfolgte aber in der Regel in Frankreich oder Ungarn und galt als Reisekrankheit. Jetzt haben die Tierärzte den ersten Babesiosefall bei einem Hund nachweisen können, der Brandenburg nicht verlassen und sich offensichtlich hier durch einen Zeckenbiss von Dermacentor reticulatus infiziert hat. „In der Regel sterben die Hunde, wenn die Krankheit nicht rechtzeitig erkannt und richtig behandelt wird“, sagt Eberhard Schein.
Die Erkrankung beginnt oft eine Woche nach dem Zeckenstich mit hohem Fieber. Die Tierärzte behandeln das Fieber meistens mit Antibiotika, das jedoch die Krankheitserreger nicht abtötet. Erst wenn durch die zerstörten roten Blutkörperchen der Blutfarbstoff, das Hämoglobin, mit dem Harn ausgeschieden wird und der Harn sich dunkel färbt, erkennen die Ärzte die Babesiose. „Wenn ein massiver Befall der roten Blutkörperchen bereits erfolgt ist, ist es schwierig, den Hund noch zu retten“, erklärt der Tierarzt. „Das Problem ist, dass es in Deutschland keine Medikamente gegen die Babesiose gibt. Die behandelnden Tierärzte müssen sich die Arznei über eine internationale Apotheke besorgen, und bis das Medikament zur Verfügung steht, kann es oft schon zu spät sein.“