Wer braucht ausschweifende Dialoge, wenn ein Blick oder eine Geste ausreicht?
Einer der wunderbarsten, ungewöhnlichsten Filme des Jahres ist wohl der Stummfilm“The Artist“ Für die großartig inszenierte Hommage an die Anfänge der großen Hollywood-Filme wurde „The Artist“ bereits mit Preisen überschüttet :Der Film gewann bisher drei Golden Globes für Bester Film (Komödie oder Musical), Bester Hauptdarsteller (Komödie oder Musical) und Beste Filmmusik. Außerdem bekam er für die kommenden Oscars zehn (!!) Nominierungen, darunter auch in den wichtigen Kategorien Bester Hauptdarsteller, Beste Nebendarstellerin, Bester Film und Beste Regie.
Der wahre Star des Films ist allerdings Co-Star Uggie, ein achtjähriger Jack Russel Terrier mit echten Star-Qualitäten. Kürzlich erst in „Wasser für die Elefanten“ neben Udo Walz und Reese Witherspoon zu sehen, spielt er in „The Artist“ neben Jean Dujardin, Bérénice Bejo und John Goodman in dem Stummfilm und erhielt dafür auf dem Film-Festival in Cannes die „Hundepalme“.
Als Uggie etwa ein Jahr alt war, kam seine Familie nicht mehr mit ihm zurecht: Er war ihnen zu temperamentvoll. Bevor sie ihn allerdings ins Tierheim brachten, hörte der Tiertrainer Omar von Muller von dem lebhaften kleinen Kerl, lernte ihn kennen – und verliebte sich in ihn. Schon nach einem halben Jahr erschien Uggie in zahllosen Werbe-Spots, in Print-Anzeigen und Filmen. Er hat in den vergangenen acht Jahren praktisch durchgehend Jobs gehabt.
Uggie mit seinem Trainer Omar von Muller
Am wichtigsten war für seinen Trainer und dessen Assistentin Sarah Clifford, eine Beziehung zwischen Jean Dujardin und Uggie aufzubauen. „Es gibt Schauspieler, die an tierischenNebendarstellern überhaupt kein Interessehaben“, sagt Sarah Clifford. „Aber Jean gab sich große Mühe, wirklich alle Stichworte für Uggie zu lernen.“ So, wie Schauspieler ihren Text lernen müssen, muss man mit Hunde-Darstellern Szenen immer wieder üben, damit sie sich darin wohl fühlen und natürlich bewegen, ohne ständig nach ihrem Trainer zu suchen, der ja immer weiter weg und manchmal in einer großen Gruppe von Menschen stehen muss.
Was ist das Geheimnis, aus einem Hund einen guten Schauspieler zu machen? „Ein wirklich guter Trainer“, so Sarah Clifford. „Sie sind ja der Regisseur des Hundes. Jedes Stichwort, auf das der Hund reagiert, jedes Gefühl, das er zeigt, kommt durch den Trainer. Ich kenne Omar seit acht Jahren und muss sagen: Von allen Trainern, mit denen ich je gearbeitet habe, ist er der mit dem selbstverständlichsten, natürlichsten Talent. Ich habe unglaublich viel von ihm gelernt. “ Aber der Hund braucht natürlich nicht nur einen guten Trainer, sondern muss selbst ein paar Eigenschaften und Talent mitbringen: Er muss selbstbewusst sein, angstlos und fokussiert, weil er nicht auf Ablenkungen reagieren darf. Der Regisseur wiederum muss in der Lage sein, dem Trainer genau zu erklären, was seine Vision ist; der Trainer wiederum muss die Beziehung zwischen Hund und Schauspieler aufbauen, damit sie vor der Kamera glaubhaft wirkt. „Ich habe tatsächlich schon mitSchauspielern zu tun gehabt, die sich weigerten, dem Hund auch nur einen Belohnungskeks zu geben“, sagt Clifford. „Dabei ist das doch der Gehalts-Scheck für den Hund!“
Uggie bekam keinen Golden Globe – allerdings kann man davon ausgehen, dass Uggie sich für derlei auch nicht interessiert. Weniger aus Bescheidenheit – aber so lange man Preise nicht essen kann, sind sie Hunden ziemlich egal.