Nachdem viele von Ihnen in letzter Zeit nachgefragt und sich gewundert haben: George ist ausgezogen. Es war seine Entscheidung, nicht meine. Es wurde immer deutlicher, dass er es hier uns bei uns doof fand. Zu viele Hunde. Zu viele Regeln, und ich bestand immer auch noch darauf, das die eingehalten werden sollten. George brauchte mehr Aufmerksamkeit als die anderen vier alle zusammen, was ihn zu einem großartigen Zirkushund machte – er lernte alle Kunststücke im Nullkommanix, weil sie ihm Applaus und eben Aufmerksamkeit einbrachten -, aber er war auch dauernd im Streß, weil er ständig mit den anderen Hunden um Aufmerksamkeit konkurrierte. Er freute sich immer viel mehr, wenn unsere Hundesitterin kam, als jemals über mich. Zuerst war ich etwas beleidigt – schließlich finde ich, dass meine Hunde es bei mir ziemlich paradiesisch haben -, dann überlegte ich, ob ich Georges Signale nicht erst nehmen müsste.
Kann man irgendjemanden zum Glück zwingen? Ich weiß nicht, wie. Auch nicht bei Hunden. Mehr als ein Angebot kann man ihnen ja nicht machen.
Also machten wir einen Test: Die Hundesitterin und ich machten mit allen Hunden einen langen Spaziergang, und auf einem riesigen, sehr übersichtlichen Feld bog ich ohne etwas zu sagen rechts ab, während die Hundesitterin weiter geradeaus ging. Alle Hunde folgten mir nach ein paar Minuten – außer George, der vergnügt weiter hinter der Hundesitterin her marschierte. Wir machten diesen Test vier Mal: Jedes Mal ging er weiterhin mit ihr mit, bei den letzten beiden Malen winkte er mir von Weitem fröhlich zu.
Also zog er aus. Die Hundesitterin liebte ihn sowieso abgöttisch, nun darf er endlich offiziell im Bett schlafen, sitzt beim Autofahren auf dem Schoß, geht mit ihrem Freund und dessen Kumpels zum Angeln und findet das Leben sensationell. Wir sehen ihn häufig, er freut sich immer, wenn er hierher kommt, ist aber anschließend mindestens so froh, wenn er wieder seiner ehemaligen Sitterin nach Hause gehen darf. Inzwischen studieren die beiden Tiermedizin in Leipzig. Ich habe gehört, dass er die ganze Fakultät im Griff hat.
Mir fiel es sehr schwer, George gehen zu lassen. Ich trenne mich nicht leicht. Nie.
Auch wenn ich zugegebenermaßen etwas fassungslos war – und bin -, dass George sich hier umsah und dann sagte: „Vielen Dank, aber ich versuche mein Glück anderswo.“
Aber wenn ich das Gefühl habe, der andere will nicht bleiben, dann lege ich ihn nicht an die Leine.
George geht’s jedenfalls super, und mir dann auch.