Was soll ich sagen: Wir haben hier viel zu tun. Nano und Pixel sind mittlerweile ein echtes Team im Sinne von „Geschwister Fürchterlich“, die nur Kokolores im Kopf haben. Alle meine Schuhe haben mittlerweile lose Innensohlen, jegliches Altpapier wird in winzige Stücke geschreddert, sie rennen mit Getöse und Gebrüll durch den Garten, donnern durchs Wohnzimmer und benutzen das Bett im Schlafzimmer abwechselnd als Abstoß-Rampe oder Trampolin. Ich wische zweimal täglich, den Staubsauger habe ich ähnlich häufig eingeschaltet wie meinen Computer, und den gesamten Tag lang räume ich Spielzeug in die entsprechenden Behältnisse (Gretel, die eigentlich „Aufräumen“ zu ihren Lieblings-Kunststücken zählt, hat mittlerweile keine Lust mehr und fühlt sich für die Unordnung ihrer Kumpel nicht zuständig. Kann man ja verstehen). So ähnlich muss man sich fühlen, wenn man ein Kinderheim leitet.
Aber Nano ist fröhlich, sicher und tiefenentspannt. Andere Hunderassen findet er nicht mehr erschreckend, sondern hofft bei allen, dass man mit ihnen spielen kann. Bei seiner Erziehung muss man sehr flexibel und phantasievoll sein: Wenn man den Druck aufbaut, um ihm beispielsweise zu erklären, dass das „Zu mir“ jetzt gerade genau dasselbe bedeutet wie gestern, vorgestern und vorvorgestern, beschwichtigt er stark und auf Windhundart, indem er so tut, als hätte er noch eine dringende Angelegenheit ganz woanders zu erledigen und hätte im Übrigen seinen Namen noch nie gehört. Würde man ihm hinterher rennen, würde man ihn von sich weg treiben. Funktioniert ein „zu mir!“ nicht gleich, renne ich also wie angestochen in die andere Richtung los. Ich laufe durch die Gegend mit den phänomenalsten Würstchen, Quietschtieren, gekochtem Hühnchen und gedörrter Leber herum, um weiterhin mein Hundepfeifen- Abbruchsignal zu trainieren (siehe auch hier: https://www.lumpi4.de/hundepfeife-konditionierter-rueckruf-brenzlige-situationen-13133568/ ) (was auch dazu führt, dass Harry, Fritz, Gretel und Pixel so spuren, als hätten wir nächste Woche eine Begleithundeprüfung vor uns). Jedenfalls sind unsere Spaziergänge völlig entspannt.
Letzte Woche mussten sie alle mit mir und einer Freundin ans andere Ende Deutschlands fahren, um einen kleinen, wahnsinnig niedlichen Windsprite-Welpen abzuholen: Da standen meine Hunde nun in einem fremden Wohnzimmer, mit einem Hovawart, vier fremden Windsprites (darunter ein umkastrierter Rüde, wie Fritz), und einem frechen kleinen Silken Windsprite-Welpen, und fanden alles völlig groovy (Pixel fand die Umgebung sogar so groovy, dass er mit Nachdruck sein Bein an der Schrankwand hob, aber ich schiebe das mal nicht auf einen Mangel an Erziehung, sondern auf Pubertät. Oder Hormonüberschuß. Irgendwas also, was ich nicht direkt beeinflussen kann 🙂 ). Auch Nano war völlig ok, versicherte sich ab und zu, dass ich noch an der gleichen Stelle saß wie vorher, und versuchte ansonsten, mit dem elf Wochen alten Winzling zu spielen – was nicht so richtig klappen wollte.
Nach solchen Aktionen bin ich immer wieder dankbar, dass ich Windhunde habe und nicht z.B. Hütehunde: Nach anstrengenden Tagen wollen Windhunde genauso ihre Ruhe wie ich auch. Denn gesamten Samstag haben wir vertrödelt, ein bißchen im Garten gespielt, aber ansonsten einfach nur herumgelegen und gelesen. Das ist genetisch (bei mir sowieso): Anders als eben Hütehunde, die dafür gezüchtet wurden, den ganzen Tag lang 2000 Schafe oder Rinder zu umrunden, sind Windhunde für die Hasenhetze da – ein Prozeß, der knapp acht Minuten dauert. Einmal kurz von 0 auf 100 – danach ist das Pulver verschossen. Sehr angenehm.
Am Dienstag musste Nano den echten Großstadttest über sich ergehen lassen: Alle meine Hunde mussten mit in die Redaktion. Er marschierte mit einer Lässigkeit mit mir über den Potsdamer Platz, als wäre er in tosendem Verkehr, zwischen Sightseeing-Bussen, Touristen, Gehupe, Helikoptern und Fahrstühlen aufgewachsen. In der Redaktion lieferte er sich mit Pixel in den langen, mit Teppichboden ausgelegten Fluren ein kleines Wettrennen (die Kollegen bei Focus waren ein wenig erstaunt), riß im Büro der Chefredakteurin ein Stoffschaf, wälzte sich dann im Art-Department auf den Layouts und prüfte (zusammen mit Pixel, aber das versteht sich wohl von selbst) alle Papierkörbe auf Essensreste. Alle Hunde wurden gestreichelt, bis ihr Fell rauchte, und aus Dankbarkeit stahl Nano anschließend dem Modechef das Portemonnaie von einem sehr teuren italienischen Taschenhersteller, das er sorgfältig zerkaute. Die Kreditkarten ließ er umsichtigerweise in Ruhe, was insofern sehr günstig war, als der Modechef sich dadurch auf der Stelle einen neuen Geldbeutel bestellen konnte. Angeblich war er Nano sogar dankbar.
Kann doch niemand behaupten, der Arbeitsalltag würde nicht ungemein gewinnen durch Hunde im Büro.