Ich hätte Ihnen sooooo viel zu erzählen – aber ich habe einfach keine Zeit. Ich müsste Ihnen von der Interzoo erzählen, der größte Heimtiermesse Europas, auf der ich vor zwei Wochen mit meinem Hundefutter war, und wo ich lauter wundervolle Dinge entdeckt habe, die ich Ihnen gerne zeigen möchte, und von einem wirklich fabelhaften Staubsauger, den ich getestet habe (klingt total profan, aber w
Aber es geht nicht. Keine Zeit.
Ich habe nämlich seit vier Tagen Ziegenkinder. Zwei Böckchen, Ernie & Bert. Versuchen Sie mal, vernünftige Sätze aneinander zu reihen – oder sich auch nur an den Schreibtisch zu setzen -, wenn am Ende Ihres sonnigen Garten die beiden niedlichsten Zicklein Blödsinn machen, die man sich nur vorstellen kann!
Die Ziegen – Zwergziegen, um genau zu sein – brauche ich dringend (I’ve got so much love to give, lalala…) weil ich neben meinem Garten noch eine riesige Wiese habe, die sehr abschüssig und dementsprechend schwer zu mähen ist. Immer, wenn einer der vielen Sepps das mit seinem Traktor machte, stand ich mit dem Finger auf der 110 da, während der Traktor sozusagen vertikal den Hang hinauf- und hinunterkroch.
Ich will nicht für Unfälle verantwortlich sein. Außerdem sind Ziegenkinder unendlich viel niedlicher als ein Traktor.
Also halfen mir letzte Woche zwei Nachbarn beim Einzäunen der Wiese, während die Hunde die Sicherheit des Zaunes überprüften (Ziegen, habe ich gelernt, hopsen oder klettern überall drüber und drunter).
Eigentlich steht das Ziegenhaus am schönsten Platz in ganz Polling: Der Blick ist wundervoll.
Und dann fuhr ich also am Sonntag in den Wildpark Oberreith (wo ich mich vergangenes Jahr auch schockverliebte in die Seidenhühner – ich darf da nicht mehr hin. Sonst steht hier irgendwann ein 27-Ender im Garten. Was dem einen ein Schuhgeschäft, ist dem anderen der Wildpark), wo ich mir unter allen kleinen Böckchen im Alter von vier Monaten zwei aussuchen durfte. Ich bin nicht besonders bewandert im Aussuchen von Ziegenkindern, aber ich habe es so gemacht, wie ich mir auch mein Leben lang Hunde und Pferde ausgesucht habe: Ich habe sie beobachtet, mir angesehen, wie sie mit den anderen agierten, und vor allem: Auf ihren Blick geachtet. Es gab ein ganz schwarzes Böckchen, das ganz offensichtlich nicht das geringste Interesse hatte, sein Zuhause zu wechseln, aber ein schwarzes mit weißen Ohren und großer weisser Blesse, das zwar noch keine Meinung hatte, was es von mir halten sollte, aber Veränderungen gegenüber offen war. Das war Bert. Und einen ziemlich kleinen klassisch braun-schwarzen Bock mit einem weissen Fleck an der Seite, der so unglaublich frech guckte, dass er Ernie heißen musste. Und so kam es, dass die zwei in meiner Lieblings-Hundebox die 25minütige Reise zum Miniberg antraten.
Gretel und Bartel begleiteten mich beim Abholen, um sie gleich mit den neuen Mitbewohnern zu konfrontieren Barthl fand es spannend und war eher beleidigt, dass er nicht noch schnell eine Runde im ganzen Wildpark drehen durfte – die Füchse, die Uhus, das Damwild, die Wollschweine hätte er sich zu gerne näher angesehen -, während Gretel so guckte, als fände sie den Geruch der beiden Neuzugänge etwas streng. Das findet sie noch immer, fünf Tage nach Ankunft von Ernie & Bert. Dabei riechen sie angenehm – sie sind ja noch nicht geschlechtsreif – , etwa so wie sauberer, milder Ziegenkäse. Trotzdem ist Gretel nicht davon überzeugt, dass es sich lohnt, mit den beiden Böckchen nähere Gespräche aufzunehmen. – Die Einzige der Hunde, übrigens: Alle anderen finden sie überaus amüsant. Die sanfte, tiefenentspannte Rapunzel legte sich sogar ganz platt auf die Seite, damit die Zicklein sie in Ruhe betrachten und beschnüffeln konnten (und ich hatte natürlich kein Handy dabei, um das zu fotografieren!).
Ich stellte die Hunde den Ziegen einzeln vor – schon, um die Ziegen nicht zu überfordern, und um jegliche Gruppendynamik aus Nervosität oder Unsicherheit von vorneherein zu unterbinden. Die Hunde waren sehr angetan – schon, weil sie hingerissen waren von den M&M-artigen Hinterlassenschaften…
Bei Ernie & Bert ihrerseits übertraf die Neugier eindeutig die Unsicherheit.
Seitdem bin ich andauernd mit Arten-Zusammenführung beschäftigt, klickere die Ziegen, zeige ihnen, dass frisches Gras besser schmeckt als Heu (im Wildpark, wo viele Ziegen zusammen lebten, wuchs kein Grashalm mehr in ihrem Gehege. Sie bekamen täglich frischen Grasschnitt und Heu zu fressen, und so ähnlich erwarteten Ernie & Bert auch die Gestaltung ihres Frühstücks hier), und Äpfel, Karotten und Reiswaffeln 1A schmecken – aber sie müssen dafür etwas tun.
Anstatt zu schreiben, suche ich jetzt nach Staketen-Spielhäusern für die Ziegen, bastele Wippen und Klettergerüste und musste mich gestern Abend von meinem Plan verabschieden, einige meiner Hühner in das Hühnerabteil meines Ziegenstalls auszulagern: Kaum hatte ich die Hühnerleiter angelegt und das Abteil ausgefegt, quetschten sich die beiden Ziegenjungs durch die winzige Tür und fanden absolut nichts lustiger, als sich da drin kleine Kämpfe zu liefern, sich mühsam aus der Hühnertür wieder herauszuwinden, die Hühnerleiter hinauf- und hinunter zu hopsen – und dann alles wieder von vorne.
Ganz ehrlich: Hätten Sie Zeit zum Schreiben?