vom 13.Juni 2010
Na also: Jetzt ist die Gartensaison also doch noch angebrochen. Überall wird gegrillt, gepflanzt und gemäht, dass es eine echte Gartenfreude ist. Meine Hunde machen sich dabei ausgesprochen nützlich: Sie buddeln nach Wühlmäusen, greifen aktiv in die Pflanzplanung ein, indem sie alle Blumenzwiebeln wieder ausgraben, weil sie die Dahlien im Herbst doch lieber an anderer Stelle sehen möchten, und rasen begeistert hinter dem Rasenmäher her. Den ich betätige, weil es nämlich kein anderer macht. Im Garten meiner Nachbarn sehe ich auch immer nur die Frau des Hauses werkeln, den Mann dazu höchstens auf der Gartenliege die Zeitungen sortieren. Neulich bat ich meinen anderen Nachbarn um eine Bohrmaschine: Er lächelte bezaubernd, hatte aber keine. Männer sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.
Früher wurden Männer unter freiem Himmel zu echten Kerlen, mähten im Handumdrehen mit der Sense eine Wildwiese, wählten zur Lieblingssportart Baumstammweitwurf oder grillten selbst erlegtes Fleisch überm offenen Feuer. Von so was bekommen Männer raue Hände. Raue Hände sind der Beweis, dass ein Kerl zuzupacken versteht und ihm frische Luft und ein bisschen Dreck nichts anhaben können. Die meisten Frauen, die ich kenne, finden das sexy.
Als vor Jahren Männer ihre feminine Seite entdeckten, wurde es in Baumärkten einsam und leer. Während Männer lernten, mit Selbstbräuner umzugehen, staubten Bohrmaschinen und Hammer in den Regalen ein. Das gute alte Werkzeug erlitt massive Absatzrückgänge. Anfangs blieben die Baumarkt-Leiter noch entspannt, weil sie dachten, das Ganze sei eine normale zyklische Schwankung. Sie irrten: Während der moderne Mann zwar eine Orangen-Vinaigrette zaubern kann, ist er bei Klopfgeräuschen unter der Motorhaube aufgeschmissen. Das einzige Werkzeug, das er im Haus hat, ist eine Nagelschere. Wenn der Wasserhahn tropft, ruft er den Klempner. Wenn er einen Nagel in die Wand schlägt, besteht die Gefahr, dass er seinen Hemdzipfel mitverarbeitet.
Wirklich enttäuschend ist es auch, wenn’s ums Grillen geht: Seit Nahrung nicht mehr gepflückt, sondern auch gejagt wird, zählt das Grillen ja wohl zur männlichsten Art, Gäste zu bewirten. Die letzte wahre Männerbastion. John Wayne grillte seinerzeit für die komplette Crew von Der Marshall“ 30 Kilo Steaks, ohne auch nur eine Minute vom Grill zu weichen. Die Jungs von heute kaufen stattdessen möglichst einen Gasgrill, damit sie nur einen Knopf drücken müssen, damit die Flamme angeht, und legen ein paar manikürte Würstchen darauf. Für echte Kerle ist das natürlich Mogelei. Man sollte eigentlich erwarten dürfen, dass Männer auch ohne Streichhölzer Feuer machen können, indem sie vielleicht mit einer Lupe Sonnenlicht bündeln, oder mit einem Feuerstein Funken schlagen. Stattdessen werden die Kinder zur Tankstelle geschickt, um reichlich Brandbeschleuniger zu besorgen. Dieser wird dann so reichlich über die mager aufgeschüttete Holzkohle gegossen, dass jegliches Grillgut intensiv nach Spiritus schmeckt. Sie stehen steif und etwas verzweifelt neben dem Grill, rennen dauernd herum und wundern sich dann, wenn das Fleisch sich in rasendem Tempo ebenfalls in etwas Holzkohleartiges verwandelt. Dabei ist schon die richtige Grill-Haltung die halbe Miete: Beine leicht gespreizt, die Knie etwas eingeknickt, in der Linken ein Getränk, in der Rechten die gezückte Fleischzange. Und die wird erst wieder abgelegt, wenn das letzte Kotelett serviert ist und er den Hunden die Knochen vorgeworfen hat. Und kein trauriges Würstchen.