In San Francisco gibt es ein – vielfach mit Preisen ausgezeichnetes – Hundeheim, das nur alte Hunde aufnimmt, die in normalen Tierheimen gewöhnlich euthanasiert werden. Hunde, die älter sind als sieben Jahre, gelten normalerweise auch bei uns als „unvermittelbar“. Die Hunde kommen aus Privathaushalten, weil jemand ins Krankenhaus kam oder starb und einen oder mehr alte Hunde hinterließ, um die sich keiner kümmern kann oder will. Sie sind ausgesetzt worden, bei manchen hat irgendwer versucht, sie umzubringen – ohne Erfolg. Eine Freundin von mir hat dort einen zwölfjährigen Chihuahua adoptiert, Winston. Winston ist keine Schönheit. Er ist hungrig, fröhlich, seltsam, wedelt, hungrig, süß, muffig, hungrig, hinreißend, einnehmend, ungeduldig, stur, charmant, hungrig, freundlich und zweifellos einzigartig. Ja, er hat nur noch zwei Zähne. Ja, er ist gesundheitlich nicht mehr topfit. Er wackelt, wenn er läuft. Aber er hat eine unglaubliche Persönlichkeit. Auch ich habe eindeutig ein Faible für schöne, elegante Hunde, aber Winston hat mich sofort `rumgekriegt. Er sieht aus wie ein Lemur, oder wie ein Kurzkopfgleitbeutler, oder eine Art Chinchilla oder ein Miniatur-Dachs. Seine Zunge hängt immer ein bisschen aus dem rechten Maulwinkel. Er ist unbeschreiblich. Irgendwie sinken alle Menschen vor ihm auf die Knie. Meine Freundin lernte ihren Freund kennen, nachdem sie Winston adoptiert hatte. Er war kein besonders großer Hundefreund, und ganz bestimmt kein Chihuahua-Fan. Winston wickelte ihn um den Finger. Ich habe erlebt, wie er mir ernsthaft erklärte, er könne einfach überhaupt nicht verstehen, dass die Menschen sich um diesen Hund nicht geprügelt hätten, um ihn zu adoptieren. Ich betrachtete Winston, der ihm hechelnd zu Füßen lag, ein etwas unförmiges kleines Faultier, und konnte es auch kaum glauben. Meine Freundin hatte wirklich Glück gehabt.
Meine Großmutter hat, nachdem sie 70 wurde, nur noch alte Dackel aus dem Tierheim geholt, weil sie fürchtete, sie würde einen jungen Dackel nicht überleben, der dann sein Zuhause verlieren würde. Sie lebte noch so lange, dass sie nacheinander sechs alte Dackel adoptierte. Sie war zäh.
Ich weiß, das viele Leute es für eine Schnapsidee halten, einen alten Hund zu übernehmen, noch dazu einen wie Winston. Sie finden die Vorstellung traurig, sich an ein Tier zu gewöhnen, das wahrscheinlich nicht mehr viele Jahre an ihrer Seite sein wird. Ist das nicht ein sehr egoistischer Bickwinkel? Darf die eigene Befindlichkeit ein Grund dafür sein, einem Hund kein gutes Leben zu ermöglichen? Ich glaube nicht. Ich weiß, wie es ist, einen alten Hund zu verlieren (oder auch einen jungen). Alles schon erlebt. Man denkt, man hält es kaum aus. Aber man hält es genau so weit aus, um dem nächsten alten Hund ein zuhause zu bieten.