In Berlin könnte die umstrittene „Kampfhund“- Liste schon bald der Vergangenheit angehören. Unter den Fraktionen im Abgeordnetenhaus herrsche weitgehend Einigkeit darüber, die Rasseliste besonders gefährlicher Hunde abzuschaffen, sagte der tierschutzpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Alexander Herrmann, der Nachrichtenagentur dpa. „Es ist unser klares Ziel, von dieser starren Liste wegzukommen.“ Andere Politiker bestätigten den Plan.
Bei einem Treffen am Dienstag auf Einladung von Tierschützern hätten sich alle Fraktionsvertreter dafür ausgesprochen, das sieben Jahre alte Hundegesetz auf den Prüfstand zu stellen. So sei auch ein verbindlicher „Hundeführerschein“ für alle Halter im Gespräch, sagte Herrmann. Bislang ist dieser nur für Kampfhund-Besitzer zwingend. Auf diese Eckpunkte hat sich auch die rot-schwarze Regierung in ihrem Koalitionsvertrag verständigt.
Kritiker monieren, dass die Tiere zu Unrecht gebrandmarkt würden. „Einige werden etwa in den USA ausdrücklich als Familienhunde gehalten“, sagte die Grünen-Abgeordneten Claudia Hämmerling der dpa. Der Präsident des Berliner Tierschutzvereins, Wolfgang Apel, meinte: „Die aktuelle Beiß-Statistik zeigt, dass die meisten Vorfälle in Berlin nicht auf das Konto von Listenhunden gehen.“ Ein Nachweis für die angeblich rassebedingte Gefährlichkeit bestimmter Hunderassen lasse sich somit nicht belegen.
Laut Statistik 2010 – neuere Zahlen liegen noch nicht vor – belegten Mischlinge in dem Jahr mit 226 den ersten Platz.Hämmerling zufolge sollen sie im vergangenenJahr sogar mehr als 400 Mal zugeschnappt haben. Mit 79 Fällen landeten 2010 die Schäferhunde auf Platz zwei. Nur 26 von insgesamt 660 registrierten Attacken gingen von Listenhunden aus.
Die Grünen bereiten derzeit einen Gesetzentwurf nach niedersächsischem Vorbild vor, der sich neben der Abschaffung der Liste vor allem mit der Ausgestaltung des Hundeführerschein beschäftigt. Demnach sollen Halter ihre theoretische und praktische Sachkunde nachweisen müssen und die Sozialverträglichkeit ihres Tieres in einem Wesens- und Verhaltenstest belegen, erklärte Tierschutz-Expertin Hämmerling.
Diese Regelung wird bereits seit vergangenem Jahr in Niedersachsen angewendet. Tierschützer und Grüne plädieren offen für das Modell: Dort wurde die Rasseliste abgeschafft und ein Sachkundenachweis für Halter verpflichtend ab 2013 eingeführt. „Der Generalverdacht für bestimmte Rassen würde zugunsten mehr Tierwissen aufgegeben“, erläuterte Apel. Dies sei die beste Gefahren-Vorbeugung.
Sollte Berlin nun plötzlich beispielhaft in Tierschutz-Belangen werden? Das wäre ja fast zu schön, um wahr zu sein.