Am Montag, den 2. September 2013, ereignete sich in Bukarest ein entsetzlicher Unfall. Ein 4-jähriger Junge, der unbeaufsichtigt in einem Park auf eine angrenzende Brachfläche lief, wurde von einem Hund angegriffen und getötet. Ministerpräsident Victor Ponta fand die richtigen Worte, als er das Unglück als „Tragödie“ bezeichnete. Bei aller Trauer um diesen schlimmen Vorfall setzte in den Folgetagen eine bislang auch für rumänische Verhältnisse beispiellose Hatz und mediale Hetzkampagne gegen Straßenhunde ein. Populistische Politiker sprangen nur allzu gern auf den Zug auf und schürten die Hetzkampagne. Straßenhunde sind ein Thema, mit dem man in Rumänien im Wahlkampf immer punkten kann.
Der rumänische Präsident Traian Basescu drängte am Folgetag der Tragödie die Regierung, eine Notfall-Verordnung zu erlassen, die die Tötung aller Straßenhunde vorsieht. Einige Büros von lokalen und ausländischen Tierschutzorganisationen mussten aufgrund von Morddrohungen vorübergehend schließen.
Mittlerweile haben bereits einige Medien (wie „Focus“) unter Berufung auf rumänische Quellen Zweifel an dieser Version angemeldet. Die rumänischen Politiker haben es trotzdem verstanden, die Furcht und Frustration vieler Rumänen über die schlechte wirtschaftliche Situation auf die Straßenhunde in Rumänien zu lenken und damit frustrierten Menschen ein Ventil gegeben, ihren Zorn freien Lauf zu lassen. Ein Freifahrtschein für Tierquäler und Profiteure aus dem Umfeld der so genannten Tierfänger-Mafia in Rumänien. Die Hetzkampagnen haben dazu geführt, dass nicht nur Straßenhunde gejagt werden, sondern sogar Menschen fremde Höfe stürmen, in denen sich Haushunde aufhalten, Tierschützer werden bedroht.
Dagegen berichteten einige rumänische Medien nun, dass in Argentinien im Juni fünf Straßenhunde ein laut schreiendes zwölfjähriges Mädchen vor einer Vergewaltigung gerettet haben. Sie bissen den Angreifer, woraufhin das Mädchen fliehen konnte. Die rumänischen Journalisten wollten mit diesem Fall zeigen, dass der beste Freund des Menschen kein Monster ist, wie es rumänische Politiker nach der mutmaßlichen Hundeattacke propagieren.
In den Augen von Dr. Rumi Becker, Vorsitzende des Nürnberger Vereins „Ärzte für Tiere“, ist ein so positiver Bericht über Hunde in rumänischen Medien die absolute Ausnahme. Vielmehr hätten die dortigen Medien massiv zur Hetzkampagne gegen Straßentiere beigetragen. Der Verein, der sich für Straßentiere in der EU, besonders in Rumänien und Bulgarien, einsetzt, steht in ständigem Kontakt mit der Präsidentin des rumänischen Tierschutzbundes, Carmen Arsene. „Wir arbeiten seit vielen Jahren zusammen und sie gilt uns als sehr vertrauenswürdige Quelle“, sagt Becker in einem Interview mit der Nürnberger Zeitung. Der Fall mit dem Angriff auf das vierjährige Kind erscheine nicht nur den rumänischen Tierschützern „zunehmend unglaubwürdig“. Es gebe heftige Widersprüche und Ungereimtheiten – etwa was den Fundort des getöteten Kindes betreffe, der einen Kilometer vom Aufenthaltsort der Großmutter, die das Kind offenbar nicht richtig beaufsichtigt habe, entfernt gelegen habe.
Den wahren Grund für die geschürte Massenhysterie sieht der Tierschutzverein TASSO e.V. in der weit verbreiteten Korruption. In Rumänien gibt es eine Tierfängermafia, welche die Straßenhunde-Population künstlich hoch hält und jede sinnvolle Form der Populationskontrolle (Kastrieren und Wiederaussetzen) torpediert. Immerhin geht es bei der Hundefängerei und Entsorgung um ein Millionengeschäft und für Rumäniens Hundefänger beginnen nun goldene Zeiten.
Ein Vertriebsmanager aus Bukarest berichtet, die Bevölkerung Bukarests teile sich in Hundefreunde und Staßenhunde-Hasser. Er füttert regelmäßig Straßenhunde, die er seit langem kennt und liebt – und er hofft, dass diese überleben. Aber er sieht die Lage differenziert. „Ich verstehe auch diejenigen, die Angst vor Hunderudeln haben und die ein Recht haben, in einer modernen Metropole und nicht im Dschungel zu leben.“ Natürlich seien die meisten Hunde friedlich, sagt er. „Aber es gibt in bestimmten Gegenden aggressive Rudel, die es nicht schätzen, wenn Fremde durch ihr Revier laufen. Und es kommt sogar vor, dass der gleiche Hund auf einen Menschen freundschaftlich reagiert und auf den anderen nicht.“ So habe sein Sohn, der Hunde liebt und keine Angst vor ihnen hat, auf dem Heimweg von der Schule fröhlich mit einen Straßenhund gespielt. Seine Klassenkameradin hingegen, die Angst vor Streunern hat, wurde vom gleichen Hund gebissen. „Er konnte ihre Angst fühlen.“
Dass Straßenhunde aggressiv seien, weist Becker zurück. Aus ihrer Arbeit mit Straßentieren in Bulgarien berichtet sie, dass diese den Menschen als freundliches Wesen betrachten, bei dem man um Futter bettelt. „Auch Carmen Arsene berichtet mir immer wieder, dass sie in ihrer jahrelangen sehr intensiven Arbeit mit Straßenhunden in Bukarest noch nie einem aggressives Tier begegnet ist.“
Das Problem seien die Menschen, die das Geld, das per Tierschutzgesetz für die notwendige Kastration der wachsenden Populationen gedacht sei, in die eigene Tasche stecken würden. Das Parlament stellt dafür Mittel zur Verfügung. „Aber in 98 Prozent der Fälle stecken korrupte Bürgermeister, die Tierärzte mit der Kastration beauftragen müssten, das Geld in die eigene Tasche“, sagt Becker. Diesen Eindruck hat auch der Vertriebsmanager. Er habe auch den Eindruck, dass nicht nur Bürgermeister korrupt seien, sondern manchmal auch staatlich beauftragte Tierschutzorganisationen. Ohne die massive Korruption, da sind sich offenbar alle einig, gäbe es in Bukarest deutlich weniger Straßenhunde – und weniger Menschen, die sich an ihnen stören.
Es ist Zeit zu handeln, wenn das Massaker an hunderttausenden wehrlosen Kreaturen verhindert werden soll. Anfang der kommenden Woche wird über eine Notfall-Verordnung bzw. Gesetzes-Änderung beraten. Bereits 2012 konnten deutsche Tierschutzorganisationen durch die Stimmen von über 30.000 Tierfreunden eine Gesetzes-Änderung für die Tötung von Straßenhunden abwenden.
Hier geht es zur Online-Petition von TASSO e.V. :
http://www.tasso.net/Tierschutz/Aktionen/Strassenhunde/Online-Petition
Hallo,
danke für den Beitrag!
Glücklicherweise tritt das Rumänisches Gesetz zur Tötung von Straßenhunden, welches die Reaktion auf den Vorfall vom 2. September war, NOCH nicht in Kraft!
Das umstrittene Gesetz vom 10. September 2013, soll die Tötung von Hunden in Tierheimen erlauben, wenn sie nach 14 Tagen nicht abgeholt oder adoptiert werden, bedeutet in Realität den staatlich legitimierten Massenmord an Rumäniens Straßenhunden.
30 Parlamentarier haben beantragt, dass das rumänische Verfassungsgericht das Gesetz überprüfen solle. Vor dem positiven Beschluss des Verfassungsgerichts, kann der rumänische Präsident Traian Basescu das neue Gesetz nicht unterschreiben und dadurch in Kraft treten lassen.
Durch diese überraschende Entwicklung haben Tierfreude und Tierschützer Zeit gewonnen, ihre Maßnahmen zu bündeln und den Druck weiterhin aufrecht zu erhalten. Also unterschreibt bitte alle unbedingt diese Petition!