Interview von Heidi Ossenberg
mit freundlicher Genehmigung der Badischen Zeitung
Frage: Herr Kopernik, wissen Sie , wie viele Hundeschulen es in Deutschland gibt?
Kopernik (lacht): Nein. Dazu gibt es auch keine Erhebungen. Denn eine Hundeschule kann man einfach so aufmachen. Das ist ein sehr unübersichtlicher Markt, und es ist zu beobachten, dass die Angebote ausufern.
Frage: Ist dieser freie Markt ein Problem?
Kopernik: Zum Problem wird es, wenn bei bestimmten Angeboten die Qualitätssicherung fehlt. Jemand, der sich nicht auskennt oder unkritisch ist, ist sehr schnell einem Scharlatan ausgeliefert, dessen größte Qualität darin besteht, die Geldbeutel anderer Menschn zu leeren, der aber keine adequate Leistung liefert. Das ist in allen Bereichen so. Also wäre es natürlich wünschenswert, dass es eine Qualifikation gibt. Es gibt Ansätze. Der BHV (Berufsverband Hundeerzieher und Verhaltensberater) macht in Zusammenarbeit mit der Industrie- und Handelskammer in Potsdam ein Projekt, in dem solche Qualitätskriterien entwickelt wurden und man sich zum Hundwirt ausbilden lassen kann. Dann gibt es von der Tierärztekammer in Schleswig-Holstein in Projekt, wo auch eine standardisierte Qualifikation stattfindet.
Frage: Kann man beim VDH eine Ausbildung zu Hundetrainer absolvieren?
Kopernik: Ja. Das ist ein Sachkundenachweis für Ausbilder, der definiert ist durch die Ausbildungsordnung, die es in unserem Verband im Bereich des Hundesports gibt. Maßgeblich wird das durch die Gebrauchshundesportverbände betrieben, das gibt es auch bei den Jagdhundevereinen. Wenn Sie z.B. bei Martin Rütter einen Kurs machen, kostet Sie das um die 17 000 Euro. Im Verband zahlen diejenigen, die eine solche Ausbildung durchlaufen, den Jahresmitgliedsbeitrag, der zwischen 40 und 80 Euro liegt. Die Ausbildung wird ehrenamtlich gemacht, das heißt meist am Wochenende über einen Zeitraum von zwei Jahren. Dann haben die Absolventen eine Übungsleiterlizenz; die bleibt nur dann wirksam, wenn entsprechende Auffrischungskurse mindestens alle zwei Jahre belegt werden.
Frage: Können Sie ein paar Kriterien nennen, die einen guten Trainer ausmachen? Wie kann ich als Laie erkennen, wo ich gut aufgehoben bin mit meinem – sagen wir: jungen Hund?
Kopernik: Wichtig ist erst einmal zu wissen: Was will ich als Hundebesitzer? Will ich die Gelegenheit haben, dass mein Hund Kontakt zu anderen Hunden hat? Damit er in Zukunft mit anderen Hunden gut klar kommt, muss er vertiefen, was er zuhause mit seiner Mutter, seinen Geschwistern und Onkeln und Tanten mitbekommen hat. Oder geht es mir darum, die Grundlagen der Mensch-Hund-Kommunikation vermittelt zu bekommen, um das Rüstzeug zu haben, einen Hund erziehen und ausbilden zu können? Oder geht es mir darum, dass mein Hund ein Problemverhalten aufzeigt, das korrigiert werden muss? – Das sind drei völlig verschiedene Ansätze, aber nach denen richtet sich was für einen Trainer ich suche.
Bei Welpen- und Prägekursen sollte ich darauf achten, dass die Gruppen nicht zu groß sind, und dass die Hunde etwa im gleichen Alter und der gleichen Größe sind. D.h. also: Ich muss darauf achten, dass mehrere Welpengruppen angeboten werden. Damit die Halbstarken nicht die ganz jungen Hunde nieder-rüpeln, damit der Doggenwelpe nicht mit dem Zwergpudelwelpen spielen muss.
Geht es darum, dass mir die Grundlagen der Ausbildung vermittelt werden, dann muss ich mir eine Schule suchen, die solche Basis-Kurse anbietet. Wie tickt ein Hund, wie lernt er? Auch hier sollten die Gruppen nicht mehr als sechs bis acht Teilnehmer umfassen. Wichtig ist auch, dass die Ausbildung nicht nur stationär stattfindet: Bei Welpenspielen hat ein eingezäunter Platz natürlich den Vorteil, dass kein Hund verloren gehen kann. Auch zu Beginn einer Grundausbildung ist der Platz ideal. Aber man darf nicht ausschließlich auf einem Platz trainieren, denn dann verknüpft der Hund damit, Gehorchen muss ich nur, wenn wir hier sind. In der Welt draußen sind aber viele Ablenkungen, die spannend sind.
Frage: Wahrscheinlich spielt doch auch der persönliche Draht zum Hundetrainer eine Rolle…
Kopernik: Das halte ich für ein gefährliches Kriterium. Als ich zur Schule ging, habe ich z.B. mehr gelernt von den Lehrern, die mir nicht unbedingt sympathisch waren. Das gilt hier auch Ich gehe nicht in die Hundeschule, um meine vorgefasste Meinung bestätigt zu bekommen. Dann kann ich mir das Geld sparen. Ich gehe da hin, um mich weiter zu entwickeln. Wenn ich dort auf eine Person stoße, an der ich mich auch reiben kann, dann führt das dazu, dass ich die eigene Position auch mal überdenke. Ich bin dann eher in der Lage, eigene Defizite zu erkennen, die ich habe. Sonst bräuchte ich ja keine Hundeschule.
Ein wichtiges Kriterium ist vielmehr: Ist der Hundetrainer in der Lage, auf mich einzugehen? Kann er erkennen, welche Probleme ich habe? Dem muss nicht nur der Hund wichtig sein, sondern auch der Mensch. Dann bin ich gut aufgehoben, auch wenn er mir nicht unbedingt sympathisch sein muss.
Frage: Was ist der VDH-Hundeführerschein?
Kopernik: Um den VDH-Hundeführerschein zu machen, muss man nicht Mitglied im Verband sein Die Ausbildung umfaßt einen großen theoretischen Block, bei dem es um die Anatomie und das Verhalten des Hundes geht. Der andre Teil beinhaltet die praktische Ausbildung, erst auf dem Platz, später in der alltäglichen Umgebung. Es gibt dann eine Prüfung, in der das theoretische Wissen wie auch praktische Übungen abgefragt werden.
Frage: Wo sehen Sie derzeit Probleme in der Hundeerziehung?
Kopernik: Die Begriffe „Ausbildung“ und „Erziehung“ werden von vielen Hundehaltern in einen Topf geschmissen. Aber „Ausbildung“ ist nichts andres als Dressur: Der Hund macht Sitz, zack: Belohnung. „Erziehung“ hat etwas mit sozialer Bindung zu tun. Hier wird nicht unbedingt Gehorsam vermittelt, sondern, dass der Hund sich in eine Gruppe einfindet, seine Position im sozialen Gefüge findet und diese Position stressfrei einnehmen kan. Das ist bei vielen Hundehaltern total aus dem Kopf. Durch mein Selbstbewusstsein und meine Autorität gebe ich meinem Hund Sicherheit Wir leben mit unseren Hunden sehr ländlich: Wenn die Hunde dann das erste Mal in die Stadt kommen, kommt sehr viel auf sie zu. Aber es macht ihnen wenig aus, denn sie gucken mich an und merken: Der Alte sagt, das ist in Ordnung, na, dann schauen wir uns die Stadt mal an. Die Hunde müssen merken, dass es jemanden gibt, der für sie entscheidet und alles zu einem wunderbaren Ende bringt. Die enge soziale Bindung bewirkt ein Grundvertrauen, das auch noch in unbekannten Situationen dafür sorgt, dass sich Hunde am Besitzer orientieren können. Dafür ist es auch notwendig, Grenzen zu setzen. Ein guter Hundetrainer vermittelt beides. Der Hund will eine solche enge soziale Bindung.
Udo Kopernik ist im Vorstand des VDH, stellv. Vorsitzender der Gesellschaft für Kynologische Forschung (GKF) und Zuchtleiter im Club des Berger des Pyrénées