Ein Sprichwort sagt: Wenn man jemand keine tiefe Beziehung zu einem Tier hatte, liegt ein Teil seiner Seele brach.
Amerika ist anders, in vieler Beziehung. Ähnlich wiederum zu manchen Teilen Europas ist das ambivalente Verhältnis, das die Amerikaner zu ihren Hunden haben: Einerseits innig geliebt, ist nichts zu teuer, zu aufwändig für den geliebten Hund. Die Amerikaner waren die Erfinder der Hundefriedhöfe und Hundesitter und die ersten, die sich mit artgerechtem Hundefutter auseinander gesetzt haben, als hierulande den Hunden noch Essensreste vorgesetzt wurden – und gleichzeitig gibt es die Schattenseite, in der Hunde noch immer an der Kette gehalten oder einfach zurückgelassen werden, wenn die Familie umzieht, es ist das Land der „Backyard-Hunde“, die den ganzen Tag alleine gelassen darauf warten müssen, dass sich irgendjemand um sie kümmert, die Tierschutzgesetze sind viel laxer als bei uns, gleichzeitig wird viel schärfer durchgegriffen, wenn Verdacht auf Tierquälerei vorliegt.
Eine unglaublich hohe Zahl von Hunden in den USA landet jedes Jahr im Tierheim – z.T. vom Besitzer abgegeben, z.T. sind es Streuner, die von der Animal Patrol eingefangen werden müssen. Die Zahl der besitzerlosen Hunde in USA ist so hoch, dass viele Tierheime nicht mehr wissen, wohin mit den Tieren – alleine in Los Angeles werden im Jahr geschätzte 380 000 Hunde und Katzen euthanasiert, weil es einfach keinen Platz für sie gibt.
Nun hatte jemand eine wirklich geniale Idee: Quer durch die USA gibt es Gefängnisse, die richtige Hochsicherheits- Einrichtungen sind – und deren Insassen doch eigentlich fabelhafte Pflegestellen sein könnten: Sie sind immer da, haben nicht genug zu tun, bekommen viel zu selten Besuch und könnten jemanden, der sie bedingungslos liebt, gut gebrauchen – während die Tierschutzorganisationen auf diese Weise ein paar mehr Hunde gut untergebracht wissen, die keinen Euthanasierungsprogrammen zum Opfer fallen.
Der Regisseur Brean Cunningham hat mit „Dogs Inside“ über diese „Gefängnishunde“ eine wunderbare, sehr berührende Dokumentation über die vernachlässigten, misshandelten Hunde und ihre zweite Chance bei Gefängnisinsassen gedreht, deren Trailer Sie hier sehen können (oder, wenn Ihr Englisch gut ist, ab dem 10. Februar hier den ganzen Film: http://www.dogsontheinside.com/), denn, wie der Regisseur sagt: „Jeder hat doch eine zweite Chance verdient.“
Hunde wie auch Gefängnis-Insassen haben einiges gemeinsam: Die meisten von ihnen haben ein glückloses, unschönes Leben hinter sich und haben schon eine ganze Weile von niemandem mehr Zuneigung bekommen.
Der schwarze Gefängnisinsasse auf 0:55 erzählt, die Hunde im Gefängnis wären so etwas wie ein Gefühl der Freiheit: „Mit neunzehn kam ich ins Gefängnis, nächste Woche werde ich 33 “, sagt er. „Meine Kinder sind Teenager. Ich habe eine Runde verpasst“, und meint damit, dass er bisher keine Chance hatte, sich um ein Lebewesen zu kümmern, das auf ihn angewiesen ist.
Auch wenn sie ein Verbrechen begangen haben, gibt es in jedem Gefängnis anständige Insassen. Sie bekommen Unterricht im Umgang mit Hunden und lernen Hundeerziehung durch positive Verstärkung und klares, ruhiges Grenzensetzen – höchstwahrscheinlich das erste Mal, dass sie eine Erziehung erleben, die nicht auf Gewalt, Geschrei und emotionaler Erpressung basiert. Eine echte Chance für die eigene Resozialisierung, und eine große Chance für einen Hund, der auf der Straße gelebt hat und niemandem wichtig genug war, um für ein neues Zuhause zu sorgen. „Ich war drogensüchtig“, erzählt der Insasse auf 1:05. „Ich will mit Drogen nichts mehr zu tun haben.“
„Ich glaube, dass dieses Training unglaublich nützlich und wichtig ist für die Insassen“, findet auch der Gefängnisdirektor. „Wenn man hier drin ist, vergessen einen die Menschen“, sagt ein Gefängnisinsasse auf 1:15. „Ich bin sicher, genau so ging es den meisten dieser Hunde. Die Menschen haben sie vergessen.“
Bei 1:23 sieht man deutlich, dass die Hunde auch ins Gefängnis das mitbringen, was sie am besten können: Menschen zum Lachen bringen, ihr Herz berühren.
„Bleiben Sie ruhig und selbstsicher“, erklärt die Trainerin auf 1:26. „Der Hund guckt sich Ihre Selbstsicherheit und Ruhe ab.“
„Ich hatte nicht die geringste Geduld, als ich hierher kam“, sagt der Insasse auf 1:30. „Aber diese Hunde bringen uns Geduld bei.“
„Man muss ihnen beibringen, dass sie sich sicher fühlen dürfen“, sagt der nächste. „Ich glaube, dass ist das eigentliche Problem dieser Hunde: Sie haben große Schwierigkeiten, jemandem zu vertrauen. Wir müssen ihnen zeigen, dass der schlimme Teil ihres Lebens jetzt vorbei ist.“
„In Gefängnissen fließt eine Menge Testosteron und Machismus – und das habe ich bei meinen Insassen feststellen können, seit die Hunde hier sind: Sie sind weicher geworden“, hört man den Gefängnisdirektor sagen. (1:47)
„Er hat mir vertraut“, sagt der Insasse auf 1:49. „Ich habe ihm alles erzählt. Und wenn ich ein Problem hatte und ihm das erzählte, dann sah er mich an: Ach, das wird schon. Wir haben uns gegenseitig viel gegeben. Man muss sich erst einmal selber lieben, bevor man einen anderen lieben kann. Der erste Hund, den ich hier in Pflege bekam, hatte so viel durchmachen müssen und hat sich so großartig entwickelt – als ich das gesehen habe, wusste ich: Nichts ist unmöglich.“