Gesundheit beginnt im Darm

Ein gesunder Darm bewirkt auch beim Hund viel mehr als „nur“ eine gesunde Verdauung

Ein Öko-System aus Billionen von Mikroorganismen

Lange Zeit galt das Verdauungssystem als ein relativ „einfaches“ System in unserem Körper, das im Wesentlichen aus einer langen Röhre besteht, durch die unsere Nahrung passiert und dann ausgeschieden wird. Als Ärzte das erste Mal entdeckten, dass der Darm von Billionen Mikroorganismen besiedelt war, hielten sie dies für eine Krankheit, denn Bakterien galten als Krankheitserreger. Man nannte diese vermeintliche Erkrankung „Vergiftung der Eingeweide“ und versuchte mit aufwändigen, speziellen Darmreinigungen, die gefährlichen Bakterien loszuwerden.

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Verschiedene Studien der letzten 20 Jahre haben mittlerweile die unmittelbaren Zusammenhänge zwischen Darmgesundheit und dem Immunsystem, psychischer Gesundheit, Autoimmunkrankheiten, Hauterkrankungen und Krebserkrankungen aufgezeigt. Die Mikroorganismen, die den Darm von Mensch und Tier besiedeln und als „Darmflora“  bezeichnet werden, sind tatsächlich lebensnotwendig:

  • Ohne Darmbakterien könnten viele Nahrungsbestandteile nicht oder nur unvollständig verwertet werden.
  • Darmbakterien unterstützen aktiv die Verdauung.
  • Sie sind extrem wichtig für die Immunabwehr: die „guten“ Darmbakterien verdrängen potentielle Krankheitserreger und verhindern, dass sich schädliche Keime an die Darmwand anheften und Infektionen hervorrufen.
  • Darmbakterien produzieren das für die Blutgerinnung wichtige Vitamin K, Vitamin B2, B12, Folsäure und Biotin.
  • Darmbakterien sorgen für die Energieversorgung der Zellen der Darmschleimhaut.
  • Bestimmte Darmbakterien können giftige Substanzen neutralisieren, die als krebserregend gelten.

Zu diesen Darmbakterien (dem „intestinalen Mikrobiom“, wie es tatsächlich heißt, oder „intestinalen Mikrobiota“) gehören auch Viren, Einzeller und Hefen. 99 Prozent aller Bakterien, die auf und im menschlichen bzw. tierischen Körper leben, befinden sich im Darm (beim Menschen können diese Mikrobiota ein Gewicht von 1,5 – 2 kg erreichen!).

„Gute“ Darmbakterien verdrängen potentielle Krankheitserreger

Welpen im Mutterleib haben keine Darmflora – der Magen-Darm-Trakt von Ungeborenen (Tieren wie Menschen) ist absolut steril. Die ersten Bakterien werden während der Geburt aufgenommen, und nach und nach kommen die Welpen in der Umgebung der Mutterhündin mit immer mehr Bakterien in Kontakt. Weil die Welpen sich anfangs nur von Muttermilch ernähren, verfügen sie über so gut wie keine Magensäure, so dass die notwendigen Bakterien unbeschadet am Magen vorbei in den Darm gelangen können. Dort heften sie sich an die Darmwand an und bauen im Dickdarm die Darmflora auf. Im Laufe der Zeit entwickelt sich ein komplexes Ökosystem, dass das Immunsystem direkt trainiert – das ist wichtig, damit der Körper lernt, zwischen harmlosen und echten „Systemfeinden“ zu unterscheiden.

Geht es dem Darm gut, kann der Körper sich effizient gegen Krankheiten wehren

Die Verdauung

Lange Zeit wusste man nicht gar nicht genau, weshalb Ballaststoffe eigentlich so wichtig sind für die Verdauung – man hatte nur festgestellt, dass sie etwas bewegen. Tatsächlich dienen Ballaststoffe als Nahrungsquelle für bestimmte Darmbakterien. Diese Bakterien können unverdauliche Ballaststoffe aufbrechen und verdauen. Hierbei entstehen so genannte kurzkettige Fettsäuren, die einen großen Teil des Energiebedarfs der Darmschleimhaut decken. Sie sind also sozusagen „das Futter“ für diese Darmbakterien, und zwar vor allem jene, die eine besondere Schutzfunktion für den Organismus haben. Sie fördern die Darmmotorik, also die Beweglichkeit des Darms – dadurch werden Verstopfungen vermieden. Zusätzlich können sie Entzündungen im Körper verhindern und eine ganze Reihe von Krankheits-Risiken deutlich reduzieren – wie etwa Allergien, Übergewicht, Autoimmunkrankheiten oder Diabetes. Indem man „gute“ Darmbakterien supplementiert, also zufüttert, kann man eine ungünstige Darmflora ausgleichen und sie gezielt positiv verändern.

Das Immunsystem

In der Schleimhaut des Darms liegen etwa 70 Prozent der Abwehrzellen des Immunsystems. Das bedeutet: Geht es dem Darm gut, kann der Körper sich effizient gegen Krankheiten wehren. Je geringer die Vielfalt der Darmflora, desto schwächer ist die Immun-Abwehr – und umso anfälliger ist der Organismus für Darmbeschwerden wie Blähungen, Verstopfungen oder Durchfall  – weshalb man diese Symptome eben auch nicht ignorieren oder auf die leichte Schulter nehmen sollen, denn sie weisen gewöhnlich auf ein vorliegendes Übel hin. Nach zahlreichen Studien weiß man heute, dass auch schwere Erkrankungen mit einer gestörten Darmflora im Zusammenhang stehen – dazu gehören z.B. chronisch entzündliche Darmerkrankungen, Allergien, Unverträglichkeiten, Hauterkrankungen oder psychische Probleme wie erhöhte Aggressivität, Ängstlichkeit oder Depressionen.

Die „guten“ Darmbakterien produzieren Fettsäuren, wodurch sie auch den ph-Wert im Dickdarm senken (der pH-Wert ist ein Maß für den sauren oder basischen Charakter einer wässrigen Lösung). Das saure Milieu wiederum verhindert oder verlangsamt das Wachsum der schädlichen Bakterien. Je mehr „gute“ Darmbakterien im Darm vorhanden sind, desto stabiler ist die Darmflora – der Körper kann sich besser gegen „Angriffe“ von außen wehren.

Feinde der Darmflora: Antibiotika und Stress

In einem gesunden Darm befinden sich die „guten“ und die „schlechten“ Darmbakterien im Gleichgewicht. Störungen im Verdauungssystem verändern dabei die Zusammensetzung der Darmflora. Tatsächlich kann zu leichtverdauliches Futter ohne ausreichenden Ballaststoffgehalt die Darmflora schädigen, genau wie starker Befall mit Darmparasiten (Würmer oder Giardien) oder Bewegungsmangel.

Vor allem aber Stress wie Angst, große Umstellungen, ein Umzug, aber auch zu viel positiver Stress wie Ausstellungen, Turniere, zu viel Training können Hund (und Mensch) auf den Darm schlagen und die gesunde Darmflora beeinträchtigen. Normalerweise reguliert sich das ursprüngliche Gleichgewicht nach ein paar Wochen wieder von alleine. Wenn der Hund allerdings immer wieder Stress hat, schafft der Darm den Prozess der Regulierung nicht alleine und braucht Hilfe von außen. Auch Antibiotika-Gabe ist der Staatsfeind No.1 der Darmflora: Durch Antibiotikagabe werden nicht nur alle krankmachenden Bakterien abgetötet, sondern auch die notwendigen guten Darmbakterien – dadurch kommt es bei Antibiotika-Gabe häufig zu Durchfällen. Werden die Antibiotika über einen längeren Zeitraum (länger als 10 Tage) gegeben, kann das Gleichgewicht der Darmflora nachhaltig gestört werden, und es kann zu Dysbiose (https://de.wikipedia.org/wiki/Dysbiose) oder Dysbakterie (https://de.wikipedia.org/wiki/Dysbakterie) kommen.

Die gute Botschaft: Dem Darm kann geholfen werden

Präbiotika und Probiotika können die Darmflora erhalten und wieder aufbauen und eignen sich daher phänomenal zur Darmsanierung.

Präbiotika sind nicht verdaubare Lebensmittelbestandteile in Form von Kohlenhydraten, die Wachstum und Aktivität der Bakterien im Dickdarm fördern – etwa Ballaststoffe wie Inulin und Oligofruktose.

Sie dienen den „guten“ Bakterien im Dickdarm als Nahrung, wodurch ihr Wachstum und ihre Aktivität gezielt angekurbelt und die Darmgesundheit verbessert wird. Probiotika hingegen sind Zubereitungen, die lebensfähige Mikroorganismen enthalten, zum Beispiel Milchsäurebakterien und Hefen, um die natürliche Darmflora mit „guten“ Bakterien anreichen. Durch die Zufuhr probiotischer Darmbakterien bekommen die körpereigenen „guten“ Darmbakterien Verstärkung, um die schlechten Bakterien zu verdrängen.

Zusammengefasst

  • Die Darmflora ist ein Ökosystem aus Billionen von Mikroorganismen
  • Darmbakterien unterstützen die Verdauung und das Immunsystem, bilden wichtige Vitamine und Fettsäuren, fördern die Darmmotorik und neutralisieren schädliche Substanzen im Dickdarm
  • Nach der Gabe von Antibiotika unbedingt für die Regeneration des Darmmilieus sorgen
  • „Gute“ Darmbakterien sind ein wichtiger Schlüssel zur Gesundheit unserer Hunde

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