aus:
Meine Hunde haben keine Ahnung, wann sie Geburtstag haben. Ich kann mich daran auch kaum erinnern – warum also sollte es meinen Hunden da besser gehen als allen meinen anderen Freunden? Meistens erinnere ich mich dunkel an den Monat und in etwa, wie alt die Betreffenden sind, aber damit sind meine Merk-Kapazitäten auch schon erschöpft.
Im Gegensatz zu mir wissen meine Hunde auch nicht, wann ein Jahr vorbei ist. Der ein- oder andere von ihnen weiß nicht einmal, wann sechs Stunden vorbei sind – Harry zum Beispiel würde zehn Minuten nach dem Frühstück schwören, dass es schon längst Zeit für die zweite Mahlzeit des Tages ist, die es erst am Spätnachmittag gibt.
Warum also soll man den Geburtstag seiner Hunde feiern? Ihnen sagt das nichts. Sie zelebrieren ihre Nickerchen, sie zelebrieren totes Getier, in dem man sich wälzen kann, mit kleinen Tänzchen, bei denen sie trippelnd um das Aas herumhüpfen, bis sie genau die richtige Wälz-Position gefunden haben. Meine beiden jungen Rüden Pixel und Nano haben neulich gefeiert, dass ich neue Schuhe hatte, und verwandelten sie innerhalb von einer Stunde in Sandalen. Das war ein Fest!
Hundeleute erklären mir, dass ihr Hund einen „speziellen Tag“ verdient habe. Ich dagegen sehe mir meine Hunde an und finde, sie haben 365 „spezielle Tage“ (und nicht immer verdient, s.o.). Ich weiß nicht, ob sie darum wirklich einen Hühnchen- Haferflocken-Karottengeburtstagskuchen mit schokofarbener Leberglasur brauchen. Oder handgefertigte Cup-Cakes aus biologischer Entenleberpastete. Obwohl meine Hunde zu Kuchen, Muffins und ähnlichen Dingen eine ganz eindeutige Beziehung haben, im Gegensatz zu Geburtstagen an sich. Weniger zu der Tiara, die Gretel neulich geschenkt bekam, auf der aus hunderten kleiner winziger Straßsteine „Birthday-Girl“ stand. Gretel beschnüffelte das Ding kurz und wandte sich dann wieder einem müffeligen alten Stück Strick zu, dass sie gerade im Blumenbeet wiedergefunden hatte. Wozu also der ganze Flitter für einen Ehrengast, der sich mit alten Socken zufrieden gibt?
Weil wir es schön finden. Weil wir einen speziellen Tag feiern wollen, an dem wir das große Glück hatten, diesen speziellen Hund, diesen ganz bestimmten, ganz besonderen vierbeinigen Freund in unser Leben zu lassen. Weil wir an einem Tag das Leben besingen, Hurra rufen und Purzelbäume schlagen wollen, weil wir einen Hund haben, der alles mitmacht, unser Bett anwärmt, uns bei Sonnenschein, tiefdunkelster Nacht, im Frühtau, bei Regen, Schnee und bei Eisesglätte aus dem Haus treibt und dafür sorgt, dass wir einen rosigen Teint haben. Der uns zum Lachen bringt und uns klüger macht, der uns Gelassenheit lehrt und einen anderen Blickwinkel, der uns beibringt, dass Gummistiefel eine 1A-Erfindung sind und es besser ist, manchen komischfarbenen Sachen auf dem Teppich nicht auf den Grund zu gehen, sondern sie einfach klaglos wegzumachen.
Weil das Leben mit einem Hund sowieso eine Party ist, mit Höhen und Tiefen, teilweise wirklich rauschhaft (bei manchen Dingen, die Hunde einem so präsentieren, denkt man wirklich, man würde halluzinieren, ganz ohne Partydrogen), manchmal wirklich langweiligen Momenten, viel Adrenalin, Schmetterlingen im Bauch und Aufregung. Ich habe das gleich fünffach. Ich bin ein echtes Partygirl.
Ich schenke meinen Hunden keine Halsbänder oder Spielsachen zum Geburtstag (das würde mich übers Jahr verteilt zu sehr limitieren). Aber es ist ja immer ein Happening, wenn ein paar Hundefreunde zusammen kommen, sich gegenseitig Spielsachen abjagen und tiefe Löcher buddeln können. Dafür braucht man nicht viel: Einen Garten oder eine große Wiese, ein paar Bälle und/oder Frisbees, Wasser für die Hunde und nur solche Dinge zu essen, die für Hunde uninteressant sind (damit keiner der kaniden Gäste über ein Hühnerbein oder Käsebrot schlechte Laune bekommt, die er an den anderen auslässt). Eingelegtes Gemüse, Kartoffelsalat mit Oliven und Zwiebeln, Algensalat, fleischlose Dinge, sehr saure Süßigkeiten (Labradore dürfen zu Geburtstagsparties nicht kommen, denn die essen bekanntlich alles, sogar Haarspangen). Der ein- oder andere kann heimlich Baguette oder Chips mitbringen, die er im Verborgenen und einzeln an die Begleitmenschen verteilt. Hundeleute sind bescheiden und leicht zufrieden zu stellen: Ihr Herz geht ihnen ja schon auf, wenn sie dabei zusehen dürfen, wie ihre Hunde sich miteinander amüsieren. Das unbändige Vergnügen der Hunde ist ja schon ein Fest für sich.
Denn das eine müssten wir doch langsam von unseren Hunden gelernt haben: Dass jeder Tag ein Fest. Manchmal ist es schwer, sich daran zu erinnern, aber in Wirklichkeit lässt sich doch andauernd spontan feiern, dass wir alles das haben, was wir haben, unser Leben, unsere Freunde und unsere Hunde, die uns verstehen und ähnlich fühlen wie wir, die unser Regulativ sind und uns zum Nachdenken zwingen, uns buchstäblich auf den Boden zurückholen, uns interessante Dinge zu lesen und zu tun geben, die uns immer wieder zum Ausatmen und Luftholen bringen. Wer lange sein Leben mit Hunden teilt, wird mehr wie sie im besten Sinne: Manchmal muss man sich einfach schon freuen, weil es schon wieder Morgen ist und weil jemand neben einem sein Herz und seine Seele zu Füßen legt, nur für ein Stück vom Frühstücksbrot. Wenn das kein Grund zum Feiern ist!