Schlittschuhlaufen im Mondschein
Gestern am späten Nachmittag gingen wir mit den Hunden Schlittschuhlaufen – was ich leider nicht bildlich festhalten konnte, weil ich a) schon genug damit zu tun hatte, nicht dauernd hinzufallen, und es b) sowieso schon viel zu dunkel war. Wir wohnen mitten im Wald, und direkt dahinter liegen zwei Teiche, die sehr nützlich sind: Im Sommer wird dort geangelt – teilweise von jugendlichen Vollprofis mit den unbeschreiblichsten Glitzer-Ködern, bei denen ich sofort an Saturday Night Life denken muss, bei den Fischen aber angeblich nicht etwa Disco-Gefühle, sondern mörderischen Appetit auslösen; teilweise von Männern, die einfach eine gute Ausrede brauchen, um sich in aller RUhe ab morgens um neun Bier hinter die Binde zu kippen und aufs Wasser zu starren. Im Frühjahr kommen Wildgänse von weit her, um hier ihre Gössel aufzuziehen, im Herbst schlagen sich die Fischreiher den Bauch voll bevor sie sich in wärmere Gefilde aufmachen.
Und im Winter, sobald die Teiche zugefroren sind, tummeln sich Eishockeyspieler, kleine und große Kinder, Großmütter mit Schlitten und Enkeln, Kinder mit Schneeschaufeln und Väter mit Eisprinzessinnen auf dem Eis. Und Hunde. Viele angeleint, meine natürlich meistens nicht, was dazu führte, dass ich gestern in hohem Tempo, während meine Ohren im Luftzug flatterten, hinter Amali herraste, die – hach, wie lustig! – plötzlich mit einem Kinderstiefel im Maul übers Eis raste und ihre Beute immer wieder begeistert in die Luft warf.
Versuchen Sie mal, auf Schlittschuhen mit einem Windhund „Beute“ zu tauschen. Es wäre bestimmt ein spaßiger Sketch bei „Holiday on Ice“, aber mir wurde gestern ganz heiß, weil ich hier genügend Leute im Umfeld habe, die nur darauf warten, dass meine Hunde einen Fehler machen, damit sie mich endlich anzeigen können für Erregung öffentlichen Ärgernisses oder UnangeleinteHundeimNaturschutzgebiet oder MichnichtanRegelnhalten. Aber meine Hunde machen natürlich nichts falsch. Außer Amali, die aber einfach einen auserlesenen Sinn für Humor hat. Irgendwie rang ich ihr den kleinen Schuh wieder ab, und bewegte mich dann möglichst unauffällig von einem Schuh- und Klamottenhaufen zum nächsten, um den Passer zu finden, was gar nicht so leicht war: Irgendwie sehen Kinderschuhe doch alle gleich aus.
Gretel und Pixel balgten sich dafür die ganze Zeit auf dem Eis und fanden es offensichtlich wahnsinnig lustig, wenn sie durch die Gegend schlitterten, während Nano sich damit begnügte, mir möglichst häufig von hinten in die Knie zu rennen. Nein, ein eleganter Anblick sind wir ganz bestimmt nicht. Aber lustig.
Nur Harry fand, dass es einfach viel zu kalt war, um sich zu amüsieren, und tippelte mit etwas verkniffenem Gesicht hinter mir her und starrte neidisch hinter jedem Schlitten her, auf dem ein Kleinkind im Lammfellsack saß. Wenn es nach ihm ginge, würden wir ab September nach Gran Canaria oder in die Karibik ziehen, und erst im Mai zurückkommen. So wie die Engländer in den 30er und 40er Jahren das taten, um Heizkosten sparen.
Schließlich wurde es dunkel, und wir packten alle unsere Taschenlampen aus. Manche hatten sogar Kopf-Taschenlampen, und so liefen wir übers Eis, der Mond leuchtete uns den Weg (oder die LED-Taschenlampen, aber was macht das schon), die Nasen froren ein und die Wimpern setzten Reif an – aber es war wundervoll, ganz still, nur die Kufen kratzen übers Eis, die Hunde joggten neben uns her, und alle beleuchteten Eisläufer zogen schweigend ihre Kreise über den dunklen See.
Das Leben kann doch wirklich sehr schön sein.