Verreist. Ohne Hund.

Ich bin gerade in London, weil ich morgen frueh jemand furchtbar wichtigen interviewen soll. Es ist waermer hier, als zuhause, im Hyde Park waren ueberall schon Schneegloeckchen zu sehen nebst lauter Maedchen auf Ponies, moeglichst noch ein Handpony am Strick dabei; und dementsprechend sieht man lauter Frauen, die die Fruehlingssaison mit nackten Beinen und kurzaermeligen Tops offenbar anfeuern wollen (es sind trotzdem hoechstens fuenf Grad +, aber viel waermer wird es hier ja sowieso nicht, und die Englaenderinnen ziehen sich immer phaenomenal unwarm an – gerne auch kurze Jaeckchen im tiefsten Winter, kurze Aermel sowieso, und nackte Fuesse in hohen Schuhen, weil die nach englischem Geschmack mit Struempfen unsexy wirken).
Was mir sofort aufgefallen ist: In London sieht man auch ueberall Moepse, sehr huebsche, schlanke, ausgesprochen gutgelaunte (aber das gehoert ja zum Mops dazu; mit guter Laune werden sie sozusagen geliefert) – und Zwergpudel. Der Zwergpudel scheint in London eine Rennaissance zu erleben, in schwarz und schwarz-weiss, also harlekin, gleich rudelweise sieht man sie auf grossen Wiesen spielen. Sie passen auch gut zu London mit ihrer hohen Knieaktion, die so aufgeweckt und positiv erregt wirkt, wie die ganze Stadt ja auch.
Hunde fallen mir auf Reisen immer besonders auf, wenn ich meine eigenen Hunde nicht mitnehmen kann, und das kann ich auf Geschaeftsreisen nicht, und nach London fuer Kurztrips sowieso nicht. Ich finde das furchtbar. Ich finde es beruhigend, mit einem Hund durch fremde Strassen zu gehen, als haette ich erst dann einen ewchten, ernstzunehmenden Grund, hier herumzulaufen, man sieht eher so aus, als gehoere man dazu, waehrend der Hund sich jeden Laternenpfahl und jede Mauerecke genau ansieht. Ausserdem finde ich die Anwesenheit wenigstens eines meiner Hunde sehr troestlich, der Hund erdet mich, beruhigt mich. Dabei lasse ich die Spuren meiner Hunde sowieso nie einfach Zuhause zurueck: Als ich vorhin nach meinem Pass suchte, fielen mir gleich zwei Gassibeutel aus meiner Handtasche, und als ich selbige vorhin auskippte, weil ich irgendetwas suchte, fand ich ein Halsband von Fritz. Das Lufthansa-Magazin macht immer Geschichten ueber den Inhalt von Handgepaeckstuecken bzw. Handtaschen – bei mir saehe das folgendermassen aus: 1 Portemonnaie, 2 Kackbeutel, 1 Lippenbalsam, eine Tuete Gummibaerchen, ein Buch, zwei Kugelschreiber, ein Notizbuch, ein Handy, Augentropfen, eine Packung Greenies (fuer kleine Hunde),1 Packung Ibuprofen, 1 Hundehalsband, 1 iPod, mindestens 1 Hundezeitschrift in der jeweiligen Landessprache.
Das Hundeheimweh ist der Grund, warum ich auf der Strasse jedem Hund hinterhersehe wie manche Maenner jungen Maedchen, warum ich sofort in Hundegeschaefte gehe (um mich ueber neue, andere Produkte zu informieren, und um zu sehen, ob es irgendwelche Baelle, Spielsachen, Decken, Kekse gibt, auf die meine Hunde keinesfalls laenger verzichten sollten), und warum ich mich normalerweise in allen fremden Staedten mit den Freunden verabrede, die wenigstens einen Hund haben: Ich vermisse die feuchten kleinen Nasen und die warmen Koerper nach spaetestens drei Stunden. – Nur auf Reisen, uebrigens: Zuhause bin ich durchaus manchmal ganz froh, wenn die Fabelhaften Vier fuer einen halben Tag mal los bin.
Es ist wohl einfach eine getarnte Art des Heimwehs.

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