Ich bin seit einer Woche in Schreibklausur in Polen, wo ich mein neues Buch schreibe, das im Herbst bei G&U erscheinen soll.
Es ist eine sehr luxuriöse Klausur: Auf einem schönen, großen Gut, auf dem biologische Landwirtschaft betrieben wird, mit vielen hundert Angus-Rindern, Schafen und einer kleinen Pferdezucht sehr eleganter Trakehner. Meine Hunde haben das Gefühl, Ferien in Bullerbü zu machen: Überall die unbeschreiblichsten Gerüche und fast totale Freiheit (sie müssen hier nicht angeleint werden, die Katzen sind riesengroß und wehrhaft, und selbst Harry, der aufgrund seiner etwas nervösen Konstitution dazu neigt, alles anzukreischen, was ihm nicht geheuer ist, hat sich beim Anblick des 1,5 Tonnen schweren Zuchtbullen im Laufstall überlegt, dass er vielleicht einfach mal eine Weile den Mund hält).
Morgens treffen sie sich am Eingang des Parks mit den zahlreichen Dorfhunden (alle sehr fröhlich und ausgeglichen, weil sie ja den ganzen Tag selbstständig durchs Dorf spazieren dürfen, wo es ihnen beliebt, Spitz-ähnlich und sehr schlau aussehend), die sich immer wieder ein bisschen über die merkwürdige Gewandung von Fritz und Harry wundern: Kein anderer Hund trägt hier sportive Mäntel. Auf unserem Spazierweg in den Wald kommen wir an einer großen Koppel vorbei, auf der ein dreijähriger Hengst steht, der schon jeden Morgen auf uns wartet, um dann am Zaun entlang ein kleines Wettrennen mit Gretel und Luise zu machen. Im Schafstall kommen andauernd Lämmer zur Welt – winzige kleine Dinger, die aussehen wie wollige Windspiele und sich dauernd mit hellem Stimmchen beschweren über die Kälte, den Schnee, vielleicht das Leben an sich. Die Mütter laufen etwas hilflos auf und ab, versuchen, ihre Kleinen in den Stall zu treiben, denn vielleicht hilft wenigstens trockenes Heu und Stroh der Laune. Die Hunde durften Plazenta fressen, pfui Teufel, aber vielleicht leben sie davon ja wenigstens ewig?
Die Polen sind unglaublich hundefreundlich und freuen sich über das schicke Vierer-Gespann, niemand fürchtet sich – auch nicht, wenn Harry im Wald erschrocken die Waldarbeiter ankläfft: Es wird nur „Ojojojojoj“, gemacht, und Harry hält sofort den Schnabel.
Im Wald finden wir ständig ungewöhnliche Fährten: Hirsche, Dachse atsächlich die wirklich sehr großen „Trittspiegel“ eines Elches. Mitten im Wald – ungefähr dort, wo sonst nur Zwerge und Rotkäppchen herumlaufen würden – bemerkte ich einen Wechsel aus Hundespuren. Kurz dachte ich, dass den meine Hunde verursacht hätten, aber die konnten ja schwerlich bei unserem kurzen Gang so tiefe, nachhaltige Rinnen in den Schnee gelaufen sein. Die Dorfhunde wiederum gehen nicht so weit alleine in den Wald. Ich sprach mit dem Jäger und dem Gutsverwalter, und siehe da: Es gibt hier Wölfe. Es wird immer wieder die gleiche Gruppe aus vier erwachsenen Tieren gesichtet.
Gar nicht so leicht, bei all dem trotzdem diszipliniert an den Schreibtisch zurückzukehren und zu arbeiten: Ich würde viel lieber den ganzen Tag draußen herumrennen.