Natürlich ist Spielen wichtig, werden Sie sagen. Wir alle kennen Hunde, die offenbar nach dem Motto leben. „Man kann nie zu viel Spaß haben!“. Wenn man einem Wurf Welpen zusieht, scheint Spielen etwas ganz Natürliches, Angeborenes, Normales für Hunde zu sein. Spielen kann ja wohl jeder.
Ha! Weit gefehlt: 60 – 70% aller Hunde, die im Tierheim abgegeben werden oder sonst wie ihr Zuhause verlieren, können nicht spielen. Sie haben keine Ahnung, wie. Man bietet lauter verschiedene Spiel-Möglichkeiten an, und sie sehen einen nur verwirrt an. Manche Hunde sind vielleicht nur zu gestresst zum Spielen, aber sehr viele von ihnen haben einfach nie gelernt, wie man mit Menschen spielt. Spielen mit Menschen ist nämlich kein angeborenes Programm im Hundehirn.
Manche Hunde können nicht einmal mehr mit anderen Hunden spielen, weil sie es in ihrer Jugend nie durften und es dadurch verlernt haben. Manche Hunde haben auch einfach wenig Lust dazu, weil sie zu den wenig verspielten, „ernsteren“ Rassen gehören. Und obwohl Hunde eine ausgesprochen soziale Spezies sind, können nicht alle Hunde miteinander spielen: Schäferhunde und Windhunde haben sich z.B. (natürlich mit Ausnahmen!) wenig zu sagen. Windhunde spielen anders als Labradore, die wiederum anders spielen als Terrier. Wir Menschen sind ja auch eine soziale Spezies, aber wir verstehen einander ja nun wirklich nicht alle einfach mal eben so.
Manche Leute sind auch ganz zufrieden damit, eine gemütliche Couch-Potato zuhause zu haben und keinen Frisbee-Champion. Tatsächlich müssen wir aber miteinander spielen, um überhaupt eine Beziehung, eine enge Bindung zu unseren Hunden aufzubauen. Schon als Kinder schließen wir neue Freundschaften, indem wir mit anderen Kindern spielen. Wer sich nicht ab und zu zusammen mit seinem Hund kaputtlacht, mit ihm zusammen tobt, mit ihm zusammen spielt, der ist buchstäblich mit seinem Hund weniger „zusammen“. Alle Hunde müssen spielen. Vielleicht auf unterschiedliche Art, aber Hunde sind geistig und körperlich gesünder, wenn sie spielen können. Der englische Trainer und Verhaltensexperte Steven R. Lindsay geht sogar so weit zu sagen: „Wo nicht gespielt wird, gibt es keine Beziehung und keine Bedeutung.“ Menschen, die ernstgemeint mit ihren Hunden spielen, können gar nicht anders, als eine Bindung zu ihnen aufzubauen.
In ihrem großartigen Buch „Das andere Ende der Leine“ sagt die Verhaltensbiologin Patricia McConnell: „Spielen ist gut für unsere Laune, unseren Körper und unseren Kopf. Es lehrt Hunde und Menschen, ihre Bemühungen um andere zu koordinieren, sie lernen, sich zurückzunehmen, wenn sie aufgeregt werden, und einen Ball zu teilen, selbst wenn wir ihn am liebsten für uns alleine hätten.“
Durch Spielen lernen
Mithilfe des Spielens Hunde wie man sich „anständig“ gegenüber anderen Hunden und anderen Menschen benimmt, es schärft ihre sozialen Kapazitäten – abgesehen davon, dass es phänomenale Art ist, für ihre geistige und körperliche Auslastung zu sorgen. Spiel beinhaltet fabelhafte Möglichkeiten für die Erziehung und fungiert als großartige positive Verstärkung in der Erziehung. Viele Leute machen das längst unbewußt: Wenn der Hund gerufen wird und zögert, rennen die Menschen mit „Jippie!“ los in die andere Richtung und fordern ihren Hund auf diese Weise auf, ihnen zu folgen, indem er hinter ihnen her jagt (fragen Sie mal Nano!). Ich bringe meinen Hunden bei, grobe Bewegungen, Umarmungen oder Berührungen von sehr kleinen Kindern auszuhalten, indem ich von Anfang an ein fröhliches Spiel daraus mache, indem ich ihnen – sanft! – an der Rute ziehe, an den Ohren, sie in die Seite kneife oder in den Po, sie klopfe. Bis das erste Mal ein Kind an ihnen herumrupft, sind sie also längst gewöhnt, dass Menschen ein bisschen seltsame Spiel-Ideen haben, aber sie erschrecken sich vor diesen Gesten nicht, auch wenn das Kind viel gröber sein mag als ich, weil sie derlei ja kennen. Hunde sind Meister im Lesen von Körpersprache – Menschen nicht wirklich. Wir Menschen bekommen nicht einmal hin, die Körpersprache unserer Mitmenschen so ohne Weiteres zu begreifen – Hunde dagegen sind hervorragend darin, unsere Körpersprache zu interpretieren. Meine Hunde haben durchs gemeinsame Spielen gelernt, den Eindringling, den spanischen Galgo Nano zu akzeptieren: Indem sie ihn begeistert Runde um Runde im Garten jagten, bis alle atemlos, hechelnd und erschöpft im Gras lagen und die Zungen weit aus dem Maul hingen. Sie jagen gemeinsam Schmetterlinge, buddeln zu meiner Freude tiefe Löcher in den Garten und spielen stundenlang „Krokodil“, indem sie zusammen in einem Hundebett liegen und sich gegenseitig mit offenen Kiefern in die Zähne beißen, begleitet von seltsamen Geräuschen. Deshalb ist es wohl auch für junge Hunde so viel leichter, einen anderen Hund zu akzeptieren – weil sie durch das Spiel ziemlich schnell eine vergnügte gemeinsame Eben finden, samt Endorphin-Ausschüttung, etc. Erwachsene Hunde müssen, wenn gar nichts anderes hilft, zusammen ausreißen oder jagen gehen, um einander gut zu finden (da wäre es doch besser, man findet rechtzeitig ein gemeinsames Spiel, damit die Herrschaften sich näher kommen, finde ich).
Neulich sprach ich mit einer neugebackenen Galgo-Besitzerin, die mir ganz unglücklich erklärte, ihr Hund würde leider gar nicht spielen. Als ich sie fragte, was sie denn ausprobiert hätte, meinte sie, er würde Stöcken und Bällen zwar hinterher rennen, aber wenn sie dann vor ihm auf dem Boden lägen, würde er Stock oder Ball ganz enttäuscht betrachten, weil sie sich nicht mehr bewegten – mehr aber auch nicht.
Nun sind die meisten Windhunde keine Apportierhunde. Mein Windspiel Harry findet Ballspielen würdelos. Wenn ich den Ball unbedingt haben möchte, soll ich eben nicht damit herumschmeißen, findet er. Sowieos sind Ballspiele meistens keine Beziehungs-aufbauenden Spiele, denn der Mensch mutiert dabei zur Ballmaschine. Wer den Ball wirft, ist den meisten Hunden ganz wurscht. Es ist also kein echtes Teamspiel.
Ein Spiel ist nur dann ein lustiges Spiel, wenn beide Parteien es lustig finden. Also denken Sie sich was aus!
Verstecken
Stattdessen kann man auch mit Windhunden sehr gut Verstecken spielen. Jemand soll sich in der Wohnung oder im Wald (Hund möglicherweise an der langen Leine) verstecken, und Sie sagen: „Such Claudia! Such’!“. Anfangs kann Claudia helfen, indem sie den Hund ab und zu ruft. Und indem sie vielleicht ein kleines Würstchen in der Jackentasche hat.
Futterbeutel
Sie können auch Futterbeutel verstecken – in der Wohnung wie auch draußen im Gebüsch. Auf diese Weise können Sie auch gleich noch „Sitz – bleib’!“ üben, denn der Hund muss ja warten, bis Sie das Ding versteckt haben (wenn er es noch nicht kann, ooder dazu neigt, sich den Futterbeutel zu schnappen und damit auf- und davon zu gehen, leinen Sie ihn an, während Sie den Futterbeutel verstecken, und gehen dann mit der Leine mit ihm zusammen suchen. Wenn er ihn gefunden hat, veranstalten Sie ein großes Hurra, öffnen Sie den Beutel und lassen ihn daraus fressen).
Das Komm-Spiel
Rufen Sie Ihren Hund zu sich, und wenn er gemächlich auf Sie zukommt, rufen Sie „Juhu“ (oder „Ja!“, irgendwas – dass ich so viel „Jippie“ oder „juhu!“ rufe, ist wahrscheinlich der Grund, warum meine Hunde so furchtbar albern sind) und „Ab’ die Post“, und rennen Sie in die andere Richtung, so dass er hinter Ihnen herrennen muss. Wenn er Sie eingeholt hat, ziehen Sie aus Ihrer Jackentasche ein Quietschspielzeug und werfen es für ihn.
Suchspiele
Die meisten Hunde lieben Such-Spiele, vor allem, wenn Kekse oder Würstchen involviert sind
Das Auspack-Spiel
Ein wunderbares Spiel auch für ältere Hunde: Packen Sie eine Schachtel, indem Sie Kekse, Quietschspielsachen, einzelne Nüsse (wenn der Hund so etwas mag), getrocknete Bananen, Äpfel, einzelne Trockenfutterbrocken, ein Stückchen Tee- oder Leberwurst einzeln in Packpapier wickeln und in die Sachten (den Karton) legen. Dann schließen Sie die Schachtel, rufen Ihren Hund zu sich und lassen ihn das Ding auspacken.
Welche Hand?
Der Hund muss herausfinden, in welcher Hand Sie den Hundekeks halten. Lassen Sie ihn sehen, in welcher Hand der Keks ist, nehmen Sie die Hände hinter den Rücken und wechslen sie den Keks dort ein paar mal. Halten Sie ihm beide Hände geschlossen vor die Nase und lassen ihn mit der Nase oder der Pfote zeigen, wo der Keks ist.
Water-Boarding
Ein großartiges Spiel für Kinder und Hunde zusammen – am besten aber auf der Terrasse oder auf dem Balkon aufgrund der Überschwemmungsgefahr: Füllen Sie eine Schüssel mit ca 15cm Wasser und versenken Sie Wurststückchen im Wasser. Ihr Hund soll sie wieder herausfischen. Leichte Übung für Labradore, die meistens ohne mit der Wimper zu zucken tauchen und schnorcheln, aber für viele andere Hunde eine echte Herausforderung.