Unterlagen des Hundesteuerverfahrens beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte „verloren“ gegangen

Hundesteuerverfahren beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wird ohne Sachentscheidung beendet, weil bei der Verwaltung des Gerichtes die originalen Beschwerdeschriften aus den Akten „verloren gegangen“ sind

Werbeanzeige

von RA Dr. Elmar Vitt

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) teilt in der Sache Nr. 40862/12 Vitt ./. Deutschland (Hundesteuer) mit, daß aus der hunderte Seiten dicken Beschwerdeakte ausgerechnet die drei entscheidenden Dokumente im Original „verloren gegangen“ sein sollen, die fristgebunden und unersetzlich sind: Nämlich die beiden Beschwerdeschriften (Fax und Brief) und das Beschwerdeformular.

Das Schreiben vom 17. Mai 2013, bei mir eingegangen am 24. Mai 2013, lautet in Auszügen:

European Court of Human Rights
Herrn Rechtsanwalt Dr. Elmar VITT …
ECHR-LGer0.1mod, AMU/SPS/szi,17. Mai 2013
Beschwerde Nr. 40862/12, Vitt ./. Deutschland

Sehr geehrter Herr Dr. Vitt,

leider sind aufgrund eines hier nicht mehr nachvollziehbaren Büroversehens Ihre Schriftsätze vom 30. Juni 2012 und Ihr Schreiben vom 11. Juli 2012 verloren gegangen.

Für den Kanzler, (Unterschrift, Name), Rechtsreferentin

Im Brief wird noch klargestellt, daß die „verlorenen“ Dokumente die fristgebundene Beschwerdeschrift und das zwingend notwendige Beschwerdeformular sind. Eine Verlängerung der 2012 ausgelaufenen Frist zum Einreichen der fehlenden Unterlagen wurde mir nicht gewährt. Auch berichtet man über keine Untersuchungen, wer für das Fehlen der Urkunden verantwortlich ist und wohin sie verschwunden sind, obwohl eine solche Reaktion nahegelegen hätte, wenn man das Verfahren ordnungsgemäß betreibt. Aber das scheint für das Gericht nicht von Bedeutung zu sein. Es ist einfach „nicht mehr nachvollziehbar“ – und Ende.

So einen Vorgang habe ich in über 20 Jahren Berufspraxis noch nie erlebt:

Bei einem europäischen Gericht sind in einem Verfahren, in dem es um die Rechtmäßigkeit von jährlich fast einer Drittel Milliarde Euro Abgaben zu Lasten deutscher Steuerzahler geht, genau die relevanten Unterlagen verschwunden, noch dazu auf angeblich ungeklärte Weise. Wer davon profitiert, ist bekannt. Und die Wahrscheinlichkeit, daß wirklich nur „zufällig“ unter den vielen seitdem mit dem Gericht gewechselten Schriftsätzen und den weiteren Verfahrenspapieren ausgerechnet allein die drei unersetzlichen, weil fristgebundenen Dokumente fehlen, kann sich jeder selbst ausrechnen. Das Ganze empfindet man in jeder Hinsicht als Zumutung. Im Ergebnis sind die deutschen Hundefreunde um ihre Chance zu einer Sachentscheidung durch die europäischen Richter gebracht worden, und zwar durch einen klar regelwidrigen Eingriff in die Verfahrensakte, egal von wem und aus welchem Grund.

Tausende von Fernsehzuschauern u.a. bei NDR, ZDF, RTL und SAT haben am 2. Juli 2012 verfolgen können, wie ich die Beschwerdeschrift und das Formblatt auf einer Post in Lüneburg aufgab. Der Rückschein und eine Empfangsbestätigung aus Straßburg belegen, daß die Dokumente damals auch fristgemäß beim Gericht angekommen sind. Zudem war die Beschwerdeschrift schon vorher an das Gericht gefaxt worden. Der Bestätigungsausdruck liegt vor. Aber alles war vergeblich.

Denn auch ein erneutes Einreichen der Dokumente, wie die Rechtsreferentin beim Gericht es im zitierten Brief abschließend noch vorschlagen will, wäre keine Lösung für das Verfahren: Jetzt nachträglich nochmals übersandte Beschwerdeschriften wären nämlich verspätet. Die Frist zu ihrer Einreichung endete am 26. Juli 2012. Nach Art. 38 Abs.1 der Verfahrensordnung des Gerichtes hätte die Referentin vor der jetzt erfolgten Anregung einer erneuten Übersendung der Papiere die Frist durch einen Richter verlängern lassen müssen. Aber genau das ist unterlassen worden. Auch hier fragt man sich: Warum? Mit Rechtsstaatlichkeit und fairem Verfahren hat das nach meiner Ansicht nichts mehr zu tun.

Aber darauf kommt es im Ergebnis nicht an: Würde der Prozeß trotzdem mit neuen Beschwerdeschriften fortgesetzt, wäre das leicht als Verfahrensfehler angreifbar. Außerdem könnte der deutsche Staat immer behaupten, daß die jetzt eingereichte zweite Beschwerdeschrift nicht mit der ursprünglichen übereinstimmt. Ohne die Originale kann ich nicht mehr nachweisen, daß wirklich alle meine Argumente rechtzeitig vorlagen und damit überhaupt im Verfahren verhandelt werden dürfen.

Es gibt also keinen Ersatz für die „verlorenen“ Originaldokumente. So wird das Verfahren in Straßburg jetzt ohne Sachentscheidung aus der Prozeßliste gestrichen und beendet werden.

Ich bedauere die Nachricht aus Straßburg sehr. Die Enttäuschung trifft alle Hundefreunde. Wie das Gericht selbst zugeben muß, ist der Verlust ausgerechnet nur der entscheidenden Originaldokumente nicht nachvollziehbar. Es fällt schwer, an reinen Zufall zu glauben.

Meine Argumente konnte man jedenfalls nicht entkräften.

Trotzdem ist es wegen formeller Probleme jetzt nicht mehr möglich, daß die Richter die Rechtmäßigkeit der deutschen Hundesteuer in der Sache bearbeiten und prüfen können. Die deutschen Hundebesitzer werden damit weiter jährlich Hunderte von Millionen Euro zahlen müssen, obwohl das möglicherweise gegen die Menschenrechtskonvention verstößt und damit illegal ist. Die deutschen Gemeindebeamten hingegen können auf die (zumindest im Ergebnis zu ihren Gunsten) ach so „zufällig verschwundenen“ Dokumente und die weiter sprudelnden Millionen aus der Hundesteuer anstoßen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Man hat schon in der Vergangenheit gesehen, daß den Steuereintreibern die Argumente fehlen. Meiner gut begründeten Beschwerde konnte wohl nur durch einen solchen unfaßbaren Vorgang ein Erfolg genommen werden. Ich persönlich empfinde das wie ein Foulspiel: Man steht als Stürmer mit dem Ball frei vor dem Tor – und dann werden einem von hinten die Beine weggezogen. Den Hundefreunden ist auf diese unglaubliche Weise eine klare Chance auf Abschaffung der deutschen Hundesteuer aus der Hand geschlagen worden. Beim höchsten europäischen Gericht „verschwinden“ aus „ungeklärter Ursache“ entscheidende Aktenstücke. Wo leben wir eigentlich? Ich befürchte, daß damit das Vertrauen der Menschen in die europäischen Institutionen weiter sinkt.

Wie geht es nun in Sachen Hundesteuer weiter? Im Fußball gilt: Der gefoulte Spieler soll niemals selbst den Elfmeter schießen. Dafür gibt es gute Gründe. Genauso sehe ich es hier. Ich habe alles getan, was man als Jurist machen kann. Jetzt sind das ganze Team der Tierfreunde und die Träger der Aktion gegen die Hundesteuer gefragt, den Ball mit ihren Mitteln ins Netz zu schießen und die Hundesteuer auch in Deutschland endgültig zu stoppen.

28. Mai 2013
Rechtsanwalt Dr. Elmar Vitt
Am Fuhrenkamp 16, 21376 Salzhausen
www.sirmonti.de

Teilen Sie diesen Beitrag!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert