In der Gartensaison fällt manchem erst so richtig auf, dass sein Hund bellt: Weil Fiffi sich nach dem Winter erst wieder daran gewöhnen muss, dass noch andere Menschen in Sicht- und Hörweite leben, weil er mit seinen Kumpels im Garten tobt, oder weil er sein Reich gegen Eindringlinge wie Postboten, Paketboten oder Besucher des Nachbars vier Gärten weiter verteidigen möchte.
Bei uns leben momentan fünf Hunde, von denen einer (Harry) sehr gesprächig ist, ein weiterer (Fritz) nach Übernahme der Führungspostition nach Luises Tod von einer gewissen Melde-Pflicht getrieben ist und einem dritten Hund (Gretel), der durchaus bereit ist, ab und zu seinen Senf zum Geschehen abzugeben. Ich kann also bestätigen, dass domestizierte Hunde in der Lage sind, sich vokal auszudrücken.
Interessanterweise bellen erwachsene Wildhunde so gut wie nie – jedenfalls nicht in dem Ausmaß wie unsre Haushunde -, obwohl wilde Welpen durchaus ziemlich stimmhaft sind.
Natürlich spielt hier die Genetik eine große Rolle. In den Jahrtausenden, innerhalb derer wir Hunde aus bestimmten Gründen und für bestimmte Aufgaben gezüchtet haben, sind manche Rassen stimmhafter, manche deutlich stiller.
Am lauteren Ende der Hundewelt sind die Lauf- und Schweißhunde, die genetisch programmiert sind, die Spur des Wildes oder den Fund der Beute lautstark zu verfolgen bzw. zu verkünden. Daher sind Beagle, Coonhounds, Foxhounds und andere Hunde dieser Gruppe gewöhnlich ziemlich laut – obwohl sie eher „läuten“ als kläffen. Die meisten Hütehunde lassen sich gerne mal zu einem Kläffen hinreißen. Immerhin wurden sie dafür gezüchtet, ein bockiges Schaf oder Rind mit deutlicher Ansage in den Griff zu bekommen – und genießen es außerdem, aus Lust und Laune „Polizei“ zu spielen. Der Schäferhund als „Mischung“ aus Hüte- und Wachhund bellt viel, auch Terrier sind dafür bekannt, zu allem ihren Senf zu geben. Warum allerdings viele der Schoß- und Begleithunde – ausschließlich dafür da, geliebt zu werden – wirklich gerne kläffen, weiß niemand. Vielleicht eine Art Napoleonkomplex.
Windhunde sind normalerweise ziemlich still und verfolgen ihre Beute lieber, anstatt sie anzubellen. Der Basenji bellt überhaupt nicht – aber dafür kann er wirklich sehr laut jodeln!
Ein weiterer Grund, warum Wildhunde wenig bellen im Verhältnis zu unseren haarigen Familienmitgliedern ist der, dass sie sich natürlich nicht in Umfeldern bewegen, in denen sie „Frustbellen“, wie Gärten, hinter deren Zäunen sie Skateboarder, Jogger, Radfahrer, Paketboten, hüpfende Kinder „vertreiben“ müssen, die verführerisch nahe an ihnen vorbei zoomen, oder andere Menschen, die versehentlich – oder manchmal absichtlich- Bellen verstärken oder auslösen.
Bellen ist nicht gleich Bellen
Hunde bellen aus verschiedenen Gründen. Wenn Sie das Bellen Ihres Hundes irgendwie beeinflussen (verstärken oder verhindern) wollen, dann ist es hilfreich, wenn Sie wissen, warum Ihr Hund bellt. Verschiedenes Bellen klingt ganz unterschiedlich – und Sie müssen lernen, diese verschiedenen Tonarten zu unterscheiden. Hier sind die Beschreibungen der verschiedenen Bellarten, und was man dagegen tun kann:
Alarmbellen
Das macht der Hund, der seine Familie vor dem Feuer rettet, uns erzählt, dass Timmy in den Treibsand geraten ist, Angreifer vertreibt, die Hunde im Fernsehen anbellt und außer sich gerät, sobald jemand auf dem Trottoir außerhalb des großen Fensters vorbeigeht. Alarmbeller können Leben retten – manchmal ist nur ihr Warnsystem nicht ganz zuverlässig. Hunde mit unsicherer Vergangenheit oder solche, die sehr ängstlich oder unsicher sind, können sich berufen fühlen, öfter Alarm zu schlagen.
Alarmbellen kann man einschränken (managen), indem man die Reize, denen der Hund ausgesetzt ist, versucht zu reduzieren. Wenn Sie Sofa, Tisch oder Sessel nicht vom Fenster wegstellen oder die Vorhänge schließen können, um seine Sicht einzuschränken, dann verwenden Sie ein Kindergitter, um ihn aus dem Zimmer auszusperren, aus dem er die beste Sicht nach draußen hat. Lassen Sie ihn nicht alleine im Garten und sorgen Sie auch im Garten dafür, dass er nicht alles sehen kann. Sorgen Sie für Sichtschutz nach außen. Trainieren Sie ein Abbruchsignal: Meine Hunde dürfen beispielsweise drei Mal bellen (denn schließlich bin ich ihnen durchaus dankbar, wenn sie nachts Eindringlinge im Garten melden – und woher sollen sie den Unterschied zwischen einer eindringenden Katze, einem Marder und einem Vergewaltiger erkennen?), dann sage ich „Danke!“ und mache ein Geräusch, dass sie ablenkt (ich brülle NICHT „Aus“, denn das klingt wie mitbellen!), und sobald sie den Schnabel halten, klicke ich mit einem Klicker und stopfe ihnen zum Dank sozusagen das Maul mit Leberwurst. Allerdings sehe ich mir immer an, warum sie eigentlich gebellt haben – vielleicht brennt das Haus ja wirklich.
Forderndes Bellen
Diese Art der Bellerei nervt eher Sie als die Nachbarn: Ein Forderungs-Beller hat gelernt, dass er fürs Bellen bekommt, was er will – normalerweise Aufmerksamkeit oder Kekse. Häufig beginnt es mit einem reizenden, sanften kleinen Wuff, steigert sich aber bald in nachdrückliches, lautes Bellen – die Art, mit der Ihr Hund Ihnen mitteilt, „Ich WILL das, und zwar JETZT!“ Wenn Sie ihm nachgeben, wird er sein Glück auf gleiche Weise wieder versuchen, vor allem, nachdem Sie ihn ja versehentlich für sein schlechtes Benehmen belohnt haben.
Es ist ganz leicht, forderndes Bellen abzustellen. Je länger Ihr Hund bisher mit seinen Forderungen Erfolg hatte, desto länger wird er mit seinem Bellen durchhalten, wenn Sie versuchen, ihn zu ignorieren. Trotzdem ist Ignorieren die beste Reaktion auf sein Benehmen. Keine Kekse, keine Aufmerksamkeit, so lange er Sie ankläfft – nicht einmal Augenkontakt. Sobald er sein Forderungsbellen startet, sagen Sie fröhlich „Ups!“ und drehen ihm den Rücken zu. Wenn er still ist, drehen Sie sich zu ihm um und belohnen ihn ganz ruhig mit Ihrer Aufmerksamkeit.
Es kann sein, dass Ihr „jetzt erst recht“ Krach macht, wenn er etwas will. Wenn Sie jetzt nachgeben, weil Sie denken, Ignorieren nützt nichts, verstärken Sie das intensivere, „jetzt erst recht“-Bellen, und Ihr Hund wird beim nächsten Mal noch lauter und konzentrierter Bellen, wenn er etwas möchte. Wenn Sie stark bleiben und abwarten, bis er endlich aufhört zu bellen, sind Sie auf dem richtigen Weg, ihn „abzustellen“. Sie müssen konsequenter werden als Ihr Hund.
Frustrations- oder Erregungsbellen
Hunde, die eine niedrige Frustrationschwelle haben, bellen häufig hysterisch, wenn sie nicht bekommen, was sie wollen. Ihre Halter verwechseln das manchmal mit Angstbellen. Aber anders als eine Trennungsangst-Attacke, ist Frustrationsbellen nur eine andere Art des „Forderungsbellens“, nur mit mehr Gefühl und auf das Objekt gerichtet, das er nicht haben/erreichen kann (wie z.B. eine Katze, die vorbeispaziert), anstatt auf Sie. Üben Sie mit Ihrem Hund das Kommando „Sieh mich an!“, bei dem Sie ihm anfangs ohne Ablenkung einen Keks geben, sobald er Sie anschaut, verknüpft mit dieser Aufforderung. Auf diese Weise können Sie ihn ablenken bzw. umlenken, bevor er einen Kläffanfall der Katze wegen bekommt.
Bellen aus Langeweile
Hunde, die sich alleine im Garten langweilen, bellen. Das kennt fast jeder Gartenbesitzer aus seiner Nachbarschaft. Hunde, die lange alleine sind im Garten, kläffen alles an, oder auch nur den Himmel, nach dem Motto: „Mir is’ so laaaangweilig, dann belle ich eben mal `ne Runde.“ Diese Art des Bellens nervt Nachbarn am allermeisten. Die Lösung für dieses Problem liegt auf der Hand und ist relativ einfach: Holen Sie den Hund ins Haus. Gehen Sie mit ihm spazieren und spielen Sie mit ihm, bis er zu müde ist zum Bellen (ein müder Hund ist ein guter Hund!). Falls Ihr Hund nicht ganz problemlos im Haus ist, verwenden Sie eine Box oder lassen Sie ihn mit einem Futterspielzeug hinter einem Kindergitter in der Küche, die Sie vorher „hundesicher“ machen. Wenn Sie tagsüber viele Stunden arbeiten müssen, suchen Sie einen Hundesitter, der mit Ihrem Hund spazieren geht und ihn beschäftigt.
Stressbellen
Stressbeller sind unsicher, haben Angst oder sogar Panik vor reellen oder eingebildeten Dingen in ihrem Umfeld – zum Beispiel auftauchende Fremde, echte oder eingebildete Bedrohungen, oder Angst vor Isolation, dunklen Räumen, etc. Hunde mit schwieriger Vergangenheit haben oft eine sehr stressbeladene Geschichte und zeigen oft Stressbellen. Auch Verlustangst (Angst vor Alleinsein) manifestiert sich häufig in hysterischem Bellen oder sogar Heulen. Wenn Ihr Hund aus Stress, Angst oder Panik bellt, sollten Sie sich mit einem qualifizierten Trainer oder Verhaltenstherapeuten in Verbindung setzen, der mit positiver Verstärkung arbeitet, um ein Desensibilisierungs-Programm entwickeln und den Stress Ihres Hundes möglichst dauerhaft zu minimieren.
Spielbellen
Dieses Verhalten kommt relativ häufig gerade bei Hütehunden vor – die Cheerleader und Spaßpolizei der Hundwelt. Wenn andere Hunde oder Menschen spielen, rennt der Spielbeller bellend um die Gruppe herum und kneift sie manchmal in die Fersen.
Solange Sie in einer Umgebung sind, in der sich die Nachbarn nicht beschweren und die anderen Hunde dieses Verhalten tolerieren, können Sie dieses Gebelle auch ignorieren. Mit Kindern allerdings ist dieses Theater allerdings nicht angebracht, außerdem muss man aufpassen, dass aufgrund des immer weiter steigenden Erregungsniveaus das Spiel in Mobbing umkippen kann.
Wenn Sie dieses Verhalten verändern möchten, entfernen Sie Ihren Hund mit einem „Ups! Sehr schade“ freundlich für ein paar Minuten aus dem Spiel, sobald er anfängt zu bellen. Hängen Sie ihm eine kurze, leichte Leine ans Halsband, fünfzehn bis 30 cm lang – das wird das Manöver vereinfachen. Anschließend lassen Sie ihn wieder mitspielen. Nach einiger Zeit sollte er begreifen, dass sein Gekläffe das Spielen verhindert. Bei manchen Hunden klappt das allerdings leider nicht – Spielbellen ist gerade bei Hütehunden ein ziemlich stark ausgebildetes genetisches Verhalten. Möglicherweise müssen Sie einfach eine Zeit finden, in der lautes Spielen ok ist für die Nachbarn.