Seit Samstag steppt hier zwar kein Bär, aber so fühlt es sich an. Erstaunlich, wie zwei wirklich kleine Hunde (einer davon nicht nur klein, sondern winzig – so groß wie ein Turnschuh!) einen gut organisierten Haushalt komplett aufmischen können. Ich bin todmüde, meine Hunde hängen in den Seilen, und im Wohnzimmer sieht es aus, als wäre die Spielzeugkiste explodiert.
Das kam so: Am Samstag kamen Jockel und Violetta aus Spanien nach Berlin zu uns, zwei Welpen, die vom Verein Tierschutz Spanien e.V. ( http://tierschutz-spanien.de/ ) vermittelt wurden (der gleiche Verein, von dem auch Nano stammt – ich hatte nicht sehr viel damit zu tun, sondern nur ganz beiläufig den Anstoß gegeben. Ehrlich.): Jockel ist ein sechs Monate alter Pointer-Ratonero-Mischling,
Violetta – tja. Ein Mischling aus Chihuahua und Meerschweinchen vielleicht, keine Ahnung, auf jeden Fall ein sehr großer Hund in einer winzigen Verpackung.
Meine Freunde und Nachbarn, bei denen die beiden einziehen sollen, kommen erst Freitag von einer großen Reise zurück, also wurden die Kleinen bis dahin bei uns geparkt. Wieso auch nicht: Ich scheine mittlerweile als Tierparadies zu gelten. Vor ein paar Tage kam ein gewaltiger Waschbär durch unsere Terrassentür gestiefelt und wollte mal gucken, ob er hier was zu fressen findet (meine Hunde entwickelten allerdings spontan Futterneid und Territorialverhalten. Fritz allerdings hatte beinahe einen Herzinfarkt).
Sie sind jedenfalls hinreißend: Großes Kino. Violetta ist in Nano verliebt, der sich plötzlich sehr erwachsen und souverän benimmt, ungefähr wie ein 12.-Klässler, der ganz geschmeichelt ist, dass sich eine Sechstklässlerin in ihn verknallt hat, wobei er natürlich nichts mit ihr anfangen will. Sie ist eine kleine Rakete – wäre sie ein großer Hund, wäre ihr Temperament völlig unerträglich: Als ich die beiden Hündchen nachts in eine Box neben mein Bett stopfte, maulte Jockel ein bißchen herum, fügte sich dann aber. Nicht so Violetta, die einen Tobsuchtsanfall bekam, sich gegen die Nylonwände warf und randalierte. Gretel war angewidert und verließ mit verkniffenem Gesichtsausdruck das Schlafzimmer – sie scheint sowieso der Meinung zu sein, hier gäbe es schon genug Hunde. Auch Harry war völlig fassungslos anfangs und wollte wissen, wann die denn wieder abgeholt würden, oder ob es eine Möglichkeit gäbe, die zwei sofort wieder nach Spanien zurück zu schicken. Heute allerdings habe ich ihn dabei erwischt, wie er Violetta ganz liebevoll die Augen saubermachte.
Fritz findet beide ziemlich super und hat ihnen sogar eine seiner heiligen Himbeeren gestiftet – wenn auch nur eine kaputte, die nicht mehr ganz so gut hüpft. Er hat sich sofort Jockel unter den Arm geklemmt und ihm jeden wichtigen Pinkelplatz im Garten gezeigt, der sich das Ganze tief beeindruckt ansah, aber noch viel zu klein ist, um sein Beinchen zu heben. Immerhin beherrscht er das Konzept der Stubenreinheit schon so gut, dass er sich vor die Gartentür setzt, wenn er aufs Klo muss, während Violetta deutlich flexibler ist in der Wahl ihrer Lösungsplätze. Wenigstens sind die Pfützen höchstens so groß wie der Handteller einer Dreijährigen.
Beide Hunde sind unglaublich schlau – sie haben innerhalb eines Tages verstanden, in welcher Reihenfolge hier gefüttert wird und gehen auch nicht an die Näpfe der anderen Hunde dran, Jockel habe ich heute zehnmal zum Klang seines Namens geklickert, und nun wird er ihn nie wieder vergessen. Heute habe ich sie in Ermangelung eines Babysitters mitgenommen auf die große Wiese, wo die anderen Hunde toben und rennen bzw. weiter an ihrem Tunnel nach Australien arbeiten konnten, während die Junghunde wichtig durchs Gras hopsten und sich sehr erwachsen vorkamen. Als zweimal große fremde Hunde kamen, schoß Violetta sofort zwischen meine Beine und beobachtete von dort die fremden Hunde, bis sie austaxiert hatte, ob und dass sie sicher seien.
Mittlerweile finden sich alle Hunde gegenseitig so wundervoll, dass ich mir vorkomme, als wäre ich in meinem eigenen Haushalt zu Besuch.
Aber gleichzeitig ist es unglaublich lustig, wir lachen uns den ganzen Tag kaputt (außer, wenn ich zum siebenundneunzigsten Mal staubsaugen oder wischen muss, weil die Herrschaften den herbstlichen Morgentau großzügig mit ihren Pfoten auf Parkett und Küchenboden verteilen, gemischt mit einem Hauch schwarzer Gartenerde), und ich bin ganz froh, weil ich wieder einem Hund ein bisschen was beibringen kann – mithilfe meiner Sozialisierungstruppe, die wirklich fabelhaft sind, wie ich immer wieder feststelle.
Nicht jede Hundegruppe lässt sich einfach so ein paar freche Welpen aufs Auge drücken, und nicht alle Welpen oder Junghunde finden sich so schnell und selbstverständlich in eine gänzlich neue Routine ein. Sie wurden großartig sozialisiert auf der spanischen Pflegestelle – sie hatte die beiden (unabhängig voneinander) auf der Straße aufgelesen, wo sie im Alter von jeweils sechs, sieben Wochen auf der Suche nach Futter herumwanderten.
Mehr also in den kommenden Tagen.