Wenn ich mit meinen Hunden spazieren gehe, ist es offenbar unmöglich, mich zu übersehen: Eine 1,80 große Frau mit zwei Großpudeln und zwei Italienischen Windspielen mag ja durchaus einigermaßen auffällig sein, aber es ist ja nicht so, als würde ich beim Gehen mit Orangen jonglieren und gleichzeitig meine Hunde durch brennende Reifen springen lassen. Und trotzdem bringt mein Anblick offenbar die Gemüter in Wallung – vielleicht nehme ich zu viel Raum weg, jedenfalls werde ich auf Schritt und Tritt angesprochen (Das sind aber doch nicht alles Ihre, oder?“), belächelt oder angeschnauzt. Neulich änderte ein Jogger im Wald sogar extra seine Route und kam 80 Meter herangejoggt, um mich zu ermahnen, ich solle dafür sorgen, dass meine Hunde ihn nicht anfallen“ würden. Meine Hunde hatten sich bis dahin nicht im Geringsten um ihn gekümmert, sondern spielten ganz friedlich mit einem keinen Jack Russell-Terrier, den sie gerade kennen gelernt hatten. Der Mann, jung, sportlich und dynamisch, wollte sich nicht ignorieren lassen und fing an, mir vom Leinenzwang im Wald zu erzählen. Meine Hunde waren noch immer nicht bereit, ihn nur eines Blickes zu würdigen, geschweige denn ihn anzubellen oder -fallen. Was wollen Sie eigentlich von mir?“ fragte ich irgendwann genervt, weil ich mich viel lieber mit dem Besitzer des Terriers unterhalten wollte. Der Jogger kläffte, ich solle gefälligst die Gesetze achten, und im Feld dürften Hunde nicht ohne Leine laufen, Hunde seien nun mal gefährlich. Ich fragte ihn, ob er auch hinter jedem Falschparker her rennen und ihn maßregeln würde, und ob er eigentlich wüsste, dass hier alles voller Wildschweine sei, die wirklich gefährlich wären. Die Wildschweine waren ihm egal, aber mich wollte er auf der Stelle beim Förster anzeigen, damit er in Zukunft sicherer joggen könne.
Bis hierher war es ein schöner, friedlicher Sonntagmorgen gewesen, meine Hunde spielten, wir hatten niemanden behelligt, und ich musste mich trotzdem von der Seite anmachen lassen, einfach nur, weil ich eine Angriffsfläche bot für jemanden, der offenbar zu wenig Sozialkontakt hatte oder dem das Joggen nicht ausreichte, seinen Frust abzulassen. In Bayern passiert derlei nicht: Da gibt es keine Leinengesetze, was die Menschen deutlich entspannter mit Hunden umgehen lässt, weil alle einander ähnliche Daseinsberechtigungen einräumen. Meine Theorie ist, dass zu viele Gesetze die Leute dumm und unselbstständig werden lassen.
Neulich starrte mich ein älterer Mann böse an, zeigte auf meine (artig an der Leine gehenden) Hunde und sagte: Kann ja wohl nicht wahr sein. Wieso schaffen Sie sich nicht noch mehr Hunde an, die die Landschaft zuscheißen? Wozu soll das gut sein?“ Ich hatte noch gute Laune, also sagte ich: Es ist erwiesen, dass Hundehalter gesünder sind, länger leben und weniger Herzprobleme haben, weil sie regelmäßig Bewegung haben. In der Nähe eines Haustieres zu sein kann Bluthochdruck senken, und wenn jemand sich mit seinem Hund beschäftigt, setzt das zentrale Nervensystem Hormone frei, die Wohlbefinden auslösen, wie z.B. Oxytocin, das soziale Interaktion beeinflusst. Sie sollten das unbedingt mal probieren.“
Als wir wieder zuhause waren, sah ich meine Hunde an und fragte sie ernsthaft: Wozu seid ihr eigentlich gut?“ Meine Hunde hopsten begeistert um mich herum, wackelten mit ihren Hinterteilen, grinsten, holten Spielsachen und warfen sie mir in den Schoß und hauten sie einander um die Ohren; es war eine sehr vergnügte Angelegenheit. Es war ziemlich offensichtlich, wozu das gut war.